Job & Finanzen
Richtig verkackt!
What? Auch bei Moderatorin und Podcasterin Katrin Bauerfeind läuft nicht immer alles am Schnürchen!
von Stefanie Luxat - 01.10.2019
Mit einem Knüller-Text und einem lustigen Versprecher hat Tagesschau-Sprecherin Linda Zervakis unsere neue Rubrik „Richtig verkackt" eröffnet und die Messlatte mit ihrer Anekdote hoch gelegt. Es war also gar nicht so einfach, eine geeignete Nachfolgerin zu finden, die den Mut hat, so offen und ehrlich über einen Fauxpas zu sprechen wie Linda es getan hat.
Aber wir haben Jemanden gefunden – und was für jemand! Tada: Katrin Bauerfeind hat uns ihre größte Job-Panne verraten! Wer die Karriere von Katrin verfolgt, bekommt schnell den Eindruck: „Läuft bei der!“ Tut es ja auch, meistens: Sie ist seit Jahren Moderatorin und gern gesehener Gast in der deutschen TV-Landschaft, hat mehrere erfolgreiche Bücher geschrieben und in der letzten Zeit besonders mit dem Podcast „Frau Bauerfeind hat Fragen" von sich hören gemacht. Obendrauf kommt Katrin jetzt auch noch mit einer eigenen zehnteiligen Comedy-Serie namens „Frau Jordan stellt gleich" (läuft auf Joyn) auf unseren Bildschirm sowie mit der Live-Tournee „Liebe: Die Tour zum Gefühl" um die Ecke.
Bei allen Erfolgen geht aber natürlich auch bei Katrin Bauerfeind mal etwas schief. Wir sagen nur: Brustmassage! Unfreiwillig!
Aber lest selbst! Viel Spaß dabei.
Am Ende, sagt man, bleiben die Triumphe. Man erinnert sich daran, dass Kolumbus Amerika entdeckt hat, nicht daran, dass er eigentlich nach Indien wollte. Man erinnert sich an Robert de Niro in Taxi Driver, nicht in Meet the Fockers II. Einem selbst bleibt aber oft das Scheitern mehr im Gedächtnis. Wie peinlich man einmal im Sportunterricht vom Schwebebalken gefallen ist, ist präsenter, als all die Male, als man beim Völkerball glänzte. Zig durchgetanzte Abende in etlichen Clubs verblassen, gegen das eine Mal, als man nicht am Türsteher vorbeikam. Dutzende unfallfrei moderierter Sendungen sind nichts, gegen einmal 3nach9.

„Erstere versprechen viel Geld, bis man merkt, dass Kontoauszüge keine Tränen trocknen.“ -

Rückblende. Ich bin plötzlich eine Freundin des Hauses, obwohl mir das Haus bis dato unbekannt ist. Ich soll 3nach9 moderieren, hat man mir am Telefon gesagt. Die Oma unter den Talkshows. Eine Ehre ist das, da bin ich gerne Freundin. Im Prinzip. Es gibt Angebote, bei denen man im Voraus weiß, dass man sie nicht annehmen sollte, (Moderation zum Mitarbeiter des Monats, egal welcher Firma, Podiumsdiskussion zum Thema Wachstumspotenziale, egal welche Branche) und Angebote, bei denen man ahnt, dass man absagen sollte, aber trotzdem zusagt. Erstere versprechen viel Geld, bis man merkt, dass Kontoauszüge keine Tränen trocknen. 3nach9 verspricht kein Geld, aber einen festen Sendeplatz, einen nächsten Karriereschritt. Die innere Stimme rät dennoch zum Absagen. Zu früh, du bist noch nicht so weit, sagt die innere Stimme. Die äußeren Stimmen raten zum genauen Gegenteil. Kollegen und Freunde sagen einhellig: „Bist du bescheuert? Natürlich musst du das machen! Ich warte seit Jahren, dass die mich mal fragen, wer weiß, ob die dich noch mal fragen, wer weiß, ob du überhaupt jemals wieder für irgendwas anderes gefragt wirst…ich denke, dein Leben ist offiziell am Arsch, wenn du das absagst!“.
Die Branche ist hysterischer als Carmen Geiss und das steckt mich natürlich an. Es ist wie früher, als ich dachte, man stirbt, wenn man nicht von Donnerstag bis Samstag feiern war. Man könnte ja den besten Abend seines Lebens verpassen! Das letzte Mal, als ich nicht auf meine innere Stimme hörte, stand ich wenig später auf der Berlinale-Bühne und las am nächsten Tag im Tagesspiegel: „Katrin Bauerfeind moderierte fehlerfrei, aber uninspiriert!“. Das Schlimme war, es stimmte. Ich hätte es sogar dem Journalisten noch während der Veranstaltung selbst in den Block diktieren können. Dabei war mehr gut gegangen, als gedacht. Gedacht hatte ich nämlich: Mir wird beim Betreten der Bühne der Absatz abkrachen, daraufhin werde ich mit der Absatzruine am Kleid hängen bleiben, anschließend werde ich umfallen, wobei ich meine Unterwäsche freilege und mit dem Auge im Mikro hängenbleibe, was aber weiterhin funktioniert, so dass alle im Saal und an den Fernsehern meine einzigen Worte bei dieser Veranstaltung hören: „Verfickte Scheiße“. Gemessen daran, war alles erstaunlich gut gelaufen. Ich hatte als Anfängerin, als Moderationsazubine, vor 1700 wichtigen Leuten aus der Filmbranche, plus fast Quentin Tarantino und den Rolling Stones in echt, fehlerfrei moderiert. Fehlerfrei, aber eben uninspiriert. Ich hatte nicht gestottert, weder auf Deutsch, noch auf Englisch und fühlte mich trotzdem wie ein Versager.
Trotzdem sagte ich 3nach9 zu. Oder deswegen. Ich fuhr also nach Hamburg, sprach in vielen Sitzungen über die Gäste, bekam Dossiers und Fragenvorschläge und frickelte selbst immer wieder alles von vorne. Am Ende, dachte ich, ich sei tippitoppi vorbereitet.
Mein erster Gast war eine Frau, die sich jeweils ein halbes Jahr auf eine Alm zurückzieht, und sich in der Einsamkeit der Berge von ihrem anderen Halbjahresjob erholt, wegen Stress, Hektik, Hamsterrad und dem ganzen Zeug!
Sie hatte ein Buch darüber geschrieben, das ich SELBSTVERSTÄNDLICH gelesen hatte, es soll mir keiner vorwerfen können, ich wäre keine Strebermaus. Meine naheliegende Frage: „Was hat sie denn an ihrem Alltag gestört, weswegen wollten Sie auf die Alm?“ beantwortete sie sinngemäß mit: „Ach, eigentlich hat mich gar nichts gestört!“
Ich dachte: Wahnsinn, jetzt hat die Alte echt vergessen, was sie in ihr Buch geschrieben hat und schon war das Gespräch versaut. So ging es weiter. Ich war die Kommissarin, sie meine Augenzeugin, die sich an nichts erinnern konnte.
“Sie hatten doch dieses Schwein Piggy...“ „Nein“ – „Doch“ - „Das Schwein hieß Lupi...“

„Ich weiß nicht mehr, ob ich ihn gebeten habe, herauszufinden, ob meine Seele auch zittert“ -

Ich setzte meine gesamte Hoffnung in meinen nächsten Talkgast. Ein Schamane. Der war schon mal zu Gast gewesen und hatte damals Amelie Fried massiert. Die war hinterher absolut entspannt, hieß es aus der Redaktion. War eine super Sendung damals. Jetzt war er unterwegs mit seinem neuen Buch, denn er hatte herausgefunden, dass die Seelen der Menschen im Westen zittern, denn wir Westmenschen haben vor allem Angst. Der Mann hatte einen lustigen bunten Hut auf, mit einer Antenne dran und einen Anzug aus Tuch passend zum Hut, was ihn total glaubhaft machte. Der Schamane hatte auch eine Laubsägearbeit dabei, die er ein paar Minuten ins Bild hielt. So jemanden will man ja nicht rüde unterbrechen, wenn er grade vom Leid seines Volkes und der ganzen Armut erzählt, und währenddessen eine Laubsägearbeit hochhält, auf der wahrscheinlich auch eine Kontonummer steht. Kommt sicher nicht gut an, wenn man dann sagt: „Gut, Herr Schamane, aber das interessiert unsere Zuschauer ja nicht...“. So dachte ich und sagte deswegen, wie verabredet: „Sie sagen ja, dass die westliche Seele zittert...“
Ich weiß nicht mehr, ob ich ihn gebeten habe, herauszufinden, ob meine Seele auch zittert, oder ob es ihm selbst ein Anliegen war, jedenfalls stand er auf, kam zu mir und suchte meine Seele. Ich hatte leider im Vorfeld vergessen zu fragen, wo sie sich befindet, deswegen erfuhr ich es live vor laufenden Kameras. Er griff mir nämlich mit einer Hand an den Rücken und mit der anderen zwischen die Brüste. Er fummelte sich von links nach rechts. Schockstarre bei mir. Ich sah meine Seele zittern, live. Ich sah vor meinem geistigen Auge meine Eltern, die zu Hause vermutlich fassungslos vor dem Fernseher saßen. Ich sah vor meinen richtigen Augen das Gesicht von Giovanni di Lorenzo und den Hut mit Antenne. Im Studio kein Mucks. Was ich auch zu fragen vergessen hatte war, wie lange es im Schnitt dauert, bis man so eine Seele gefunden hat? Schnell war es nicht. Nach langen Minuten sagte der weise Mann: „Seele gefunden. Zittert. Du hast Angst.“ Hm, dachte ich, oder um es in den Worten meines Vaters zu sagen: „Dass du aufgregt bisch, des hätt ich dir au sage könne!“
„Katrin Bauerfeind enttäuscht als Talkshow-Moderatorin“ stand am nächsten Tag in der Zeitung, was schon klar war, während der Schamane noch meine Seele suchte. Gescheitert, aua, weitermachen. Und beim nächsten Mal auf jeden Fall auf die innere Stimme hören!
Foto –\xa0Joyn/Johanna Brinckman

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