Es war dann doch etwas peinlich. Vor kurzem musste ich mit meinem unfassbar dreckigen Auto bei meinem Auftraggeber Mercedes vorfahren. Ich sollte dort ein neues schickes Auto für einen Videodreh abholen. Vor fuhr ich mit meinem uralten BMW Mini, mit der Nase fast an der Windschutzscheibe, weil ich kaum was sehen konnte. Es gab auf der von Lindenblüten und Parktickets verklebten Scheibe nur ein kleines Guckloch, das hatte ich mir mit Evian-Wasserresten erarbeitet. Die Scheibenwischerflüssigkeit war nämlich leider auch leer.
So ist das. Es gibt Dinge, die schaffe ich dann einfach nicht mehr, seitdem ich Mutter bin. Es gibt da eine längere unschöne Liste von Dingen, die fallen einfach hinten runter von der To-Do-Liste. "Aber es geht doch ganz schnell, musste doch nur mal kurz durch die Waschstraße düsen" schrieben liebe LeserInnen über Instagram, als ich dort mein dreckiges Auto zeigte. Nur mal kurz. Schaff ich leider trotzdem nicht. Weil ich dann lieber nur mal kurz was esse. Oder sitze. Oder es an guten Tagen zum Sport schaffe. Oder die liebe Freundin zurückrufe. Einfach mal Feierabend mache.
„Dieses auch mal einen Punkt, keine Häkchen mehr machen als Mutter ist irre wichtig.“ -
Natürlich hadere ich manchmal damit, dass ich nicht alles schaffe und denke: dann hast du dich eben noch nicht effizient genug organisiert. Dann musste eben früher aufstehen. Früher ins Bett, mit allem etwas früher sein. Muss ich nicht. Ich wuppe täglich so unglaublich viel, dass es total fein ist, Dinge nicht zu schaffen. Ich finde eh: Was man alles nicht schafft, sollte viel mehr ausgelobt werden. Das zu feiern, verleiht einem selbst und anderen doch viel bessere Gefühle. Deshalb habe ich auch ein paar großartige Frauen gefragt, was sie alles nicht schaffen. Vielleicht mögt ihr ja auch mitmachen und eure Beispiele im Kommentarfeld hinterlassen. Wir würden uns sehr freuen, sie zu lesen!
Herzlich,
Steffi
Daria Suneva war seit Jahren nicht mehr beim Friseur.
"Kein Witz: ich war seit 2,5 Jahren nicht mehr beim Friseur. Das letzte Mal hab ich mir die Haare geschnitten vor der Schwangerschaft mit Kind Nummer zwei: 9 Monate Schwangerschaft + 18 Monate altes Kind mittlerweile macht 27 Monate keinen Haarschnitt. Es gibt genügend Friseure in der Nähe, aber mir ist irgendwie die Zeit zu schade. Irgendwie muss ich immer so viel erledigen im Job bis zum Abhol-Moment der Kinder. Mein Mann nennt mich liebevoll Hagrid. Weil ich wellige Haare habe, weder glatt noch Locken. So ein Ding dazwischen. Wenn ich die nicht föhne, sieht es eben genau so aus wie bei Hagrid."
Daria betreibt den wunderbaren Kids-(Online-)Shop
Walking the Cat (Adresse Berlin). Sie hat zwei Töchter.
Ari Stippa hat sich einen Zauberschrank angeschafft. Und ordentlich was reingesteckt.
"Ich frage mich ganz oft wie Familien in meinem Umfeld es schaffen, so aufgeräumte und geputzte Wohnungen zu haben. Wir hatten das auch mal, aber da waren wir noch zu zweit. Mit dem zweiten Kind haben wir deutlich gemerkt, wo unsere Kapazitätsgrenzen und auch Prioritäten liegen. Wenn ich also schnell mal was in Ordnung bringen muss, weil sich Besuch angekündigt hat, dann stresse ich mich nicht mehr so damit. Sondern dann kommt alles in unseren Zauberschrank (ein riesiger Einbauschrank, den wir uns für viel Stauraum letztes Jahr in den Flur zimmern lassen haben) - da kommt dann einfach rein, was ich nicht mehr sehen kann oder noch überall chaotisch rumfliegt, wenn spontan Besuch vorbeikommen möchte. Ein bisschen ist das so wie früher als Kind, als ich mein Zimmer aufräumen musste. Da kam auch einfach alles im den Kleiderschrank. Darf nur niemand reinschauen."
Ari Strippa ist zweifache Mama, arbeitet als freie Make-Up-Artistin und bloggt auf
Primer and Lacquer
Marlene Sørensen hätte gern mal einen Finanzplan. Shoppt stattdessen aber lieber.
"Zu den Dingen, die ich nicht schaffe, während ich an diesem Text sitze, zählen: Drei Emails beantworten, die dringend beantwortet werden müssten, die Waschmaschine befüllen und einen Termin beim Hautarzt machen. Und war da nicht noch was? Ich bin mir sicher, da war noch was. Ich vergesse ständig Sachen, obwohl ich eine beeindruckende To-Do-Liste führe. Oder, besser: eine sinnlose, denn ich schaffe es eh nie, alles darauf zu erledigen. Den Punkt „Persönlichen Finanzplan aufstellen“ übernehme ich seit circa drei Jahren von Liste zu Liste.
„Was habe ich in der Zeit gemacht, in der ich meine Finanzen hätte ordnen können? Wahrscheinlich Onlineshopping. Das schaffe ich immer.“ -
Die Überwältigung, nicht alles im Griff zu haben, führt bei mir nämlich direkt zu Prokrastination. Was ich daher mit Absicht nicht aufgeschrieben habe, weil es nur ein weiterer Punkt wäre, den es abzuhaken gilt, und mir dennoch merken möchte: Das Wichtige vom Unwichtigen trennen. Ist es entscheidend für mein Leben, dass ich das Leergut zum Supermarkt bringe? Eher nicht. Ist es entscheidend für meine Seele, wenn ich zur Massage gehe? Eher schon. Die Unterscheidung gelingt mir nicht annähernd oft genug, um ein Gefühl von Ausgeglichenheit zu haben. Aber ich nehme es mir inzwischen weniger übel, nicht perfekt sein zu können (Ich weiß! Niemand ist perfekt. Erzählt das mal der Superfrau mit Bilderbuch-Kindern, Top-Karriere und Spitzenwohnung, die drei Mal die Woche Sport macht und sich nebenbei als mein Gewissen tarnt). Und: Ich versuche, mich auf das zu konzentrieren, was gelingt. Habe ich heute ohne Ablenkung geschrieben? Habe ich Zeit mit meinem Kind und meinem Mann verbracht? Habe ich geduscht? Der Rest ist Bonus. Wie dieser Text, den ich doch tatsächlich geschafft habe."
Marlene Sørensen ist freie Journalistin, schreibt Bücher (Stilvoll - Inspiration von Frauen, die Mode lieben, Band zwei erscheint im September) und bloggt auf
spruced. Ach so: und sie ist Mutter eines vierjährigen Sohnes.
Jessica Weiß füttert ihren Sohn mit Lippenstift. Unfreiwillig.
"Was ich alles nicht schaffe? Meine angezogenen Klamotten abends wieder auf den Bügel zu hängen. Ich stapel den Stuhl voll. Die Geschirrspülmaschine drei Tage lang nicht auszuräumen, obwohl ich mich bei jedem Griff ins leere Regal darüber ärgere. Abschminken. Jeden Tag Zahnseide zu benutzen. Zur Pediküre gehen. Die Spitzen schneiden. Abends vor dem Fernseher nicht einzuschlafen. Meinen liebsten Freundinnen auch im Alltag eine WhatsApp zu schicken. Die abgestandenen Blumen endlich zu entsorgen, Stichwort Stillleben. Endlich die Babyklamotten auszusortieren, die nicht mehr passen, um nicht jedes Mal verzweifelt durch die Bude brüllen zu müssen: "Wir haben keine Bodies meeeeehr!". Das Schmuck-Tischen samt Lippenstifte in Boxen zu verstauen, weil der Sohn jetzt dran kommt und jede Woche einen ganzen Lippenstift isst. Oma zurück zu rufen, die schon das dritte Mal auf die Mailbox gesprochen hat. I could go on and on..."
Jessica Weiß ist Chefredaketeurin des Blogazines
Journelles, hat ihr eigenes Modelabels namens
Jouur und veranstaltet aktuell den Concept Store
Marché in Berlin. Sie hat einen Sohn und ist mit Kind zwei aktuell schwanger.
Xenia Rosengart schminkt sich nur, wenn sie raus muss aus ihrem Versteck.
"Ich kaufe fast nur noch Basics an Kleidung für mich, weil dann alles kombinierbar ist und ich nicht über einen Look nachdenken muss. Mein Minimal-Make-up trage ich erst in meinem Geschäft auf, aber auch nur, wenn wirklich notwendig, sprich ich Termine habe, mich nicht ungesehen im Büro für Papierkram verstecke. Nur so schaffe ich es morgens trotz zwei kleiner Kinder pünktlich um 9 Uhr im Geschäft zu starten. Als Ausgleich, damit mein Look nicht auffliegt, gönne ich mir alle zwei Wochen eine halbe Stunde eine Maniküre mit Opi-Gel-Lacken in Trendfarben, die mich optisch erfrischen und so aussehen, als würde ich brav jeden zweiten Abend meine Nägel pflegen."
Xenia Rosengart betreibt den großartigen Concept (Online-) Store
Minimarkt und hat zwei Kinder unter fünf.
Stephanie Dettmann benutzt Tüten statt Ordner.
„Ich habe eine große, pinke KaDeWe-Tüte mit zwar geöffneter Post, aber eben nicht in Ordnern abgelegter. Weiter habe ich, wie ich sie liebevoll nenne: Die Schatzkiste. In Wirklichkeit handelt es sich um eine gelbe Holzschale links hinten im Regal. Sie ist die Hüterin der Kaugummipapierchen mit ultra wichtigen Notizen drauf von vor zwei Jahren bis hin zu aktuellen Liebesbriefen und verbogenen Haarspangen. Leider droht sie täglich überzuschwappen, gerne würde ich mal ein bisschen Ordnung in den Kramladen bringen, aber vielleicht tut es auch erstmal eine größere Schale. Oder `ne Tüte.“
Stephanie Dettmann betreibt zusammen mit ihrer Partnerin die sensationelle Beautymarke
Und Gretel. Sie hat zwei kleine Kinder und einen Mann, der sehr viel reist.