Wonach ist dir heute?

Manchmal sag ich zu meinem Mann: „Kannst du mich bitte mal auf den Arm nehmen?“ Damit meine ich nicht, dass er einen Flachwitz reißen soll, wobei das meine Laune ebenfalls stets anhebt. Nein, „Ich möchte auf den Arm“ ist mein Codewort für „Ich kann nicht mehr. Kannst du bitte mal kurz übernehmen? Inklusive meiner Betreuung? Darf ich kurz auf den Arm? Danke!“.

Früher, als wir noch keine Kinder hatten, da wurde ich ständig auf den Arm genommen. Da wurde ich auch pausenlos geküsst, geknuddelt, gelöffelt – jetzt haben wir zwei sehr kleine Kinder und kuscheln meist mit denen. Natürlich kuscheln wir auch noch nur zu zweit. Aber eben nicht mehr ununterbrochen, so wie früher. Eher nach Absprache.

Mit zwei so kleinen Kindern muss man sich sehr laut äußern oder beim anderen sehr genau hinschauen, um zu sehen, was der sich wohl gerade wünscht. Besser ist, man sagt es klar und deutlich, damit nichts untergeht. Also sage ich manchmal, wenn ich nicht mehr kann oder einfach eine große Portion brauche: „Kann ich bitte etwas Liebe haben?“ Und dann bekomm ich die. Ich bekomm sie auch so. Er lässt mich oft länger schlafen, kocht, kauft ein – ich werde sehr geliebt. Nur das ist so ein bisschen wie wenn man Fleisch einkauft. Man kann genau sagen, was man möchte. Aber wenn sie einem ohne zu fragen, ein Würstchen anbieten oder ein Stück Trüffelsalami, mit einem Zwinkern, so zum Probieren, na? Toll! Ich liebe Trüffelsalami!

Im Alltag braucht man nur viel Hack, damit der Laden läuft.

Ehrliches, schnell zu verarbeitendes Hack. Oder für Vegetarier: Möhrchen.

In diesem „Ich will auf den Arm“ steckt noch so viel mehr. Das Kuscheln, die Liebe, aber auch das Loslassen. Das Loslassen dieses ständigen Aufpassens mit zwei so kleinen Kindern. Dieses allzeit bereit sein, alle Gefahren voraus denken und immer wach sein. Das streif ich dann mal kurz ab. Da steckt auch drin, dass ich eine irre emanzipierte Frau bin, die ihr Leben verdammt gut alleine im Griff hat, Feminismus olé! Nur möchte ich manchmal eben auch verdammt gern schwach sein, Hilfe bekommen. Genau wie Männer, wir alle.

Egal, ob man Kinder hat oder nicht, es gibt doch Momente, da möchte jeder Mal aufn Arm, oder? In denen man all die Verantwortung, die man als Erwachsener so trägt, auf dem Boden neben den dreckigen Socken liegen lassen möchte und hochklettern auf den Arm des Anderen. Zur Erholung.

Mein Mann macht es dann möglich (ich umgekehrt übrigens auch). Manchmal reicht einfach etwas Leckeres zu essen und wirklich Zuhören, nicht nur so halb, manchmal einfach nur ein langer Drücker oder ein bisschen Bodyguard spielen. Wie vor kurzem, als ich vor Heuschnupfen kaum mehr geradeaus gucken konnte. Da hat er mich von Arzt zu Arzt gefahren und ich durfte Whitney sein. Dafür werde ich ihn immer lieben.

  1. Kommentare zu diesem Artikel
  2. Juliane 25. August 2017 um 13:36 Uhr

    Liebe Steffi, was für ein schöner Text und die Geste dahinter ist einfach zauberhaft! Nicht nur das ‘Codewort’ finde ich ganz wunderbar, sondern auch das sich eingestehen, dass es jetzt grad nicht mehr geht und dies auch tun zu dürfen, rühren mich sehr. Ich habe ebenfalls einen ganz wunderbaren Partner und noch stecken wir in der Pre-Kinder-Phase, aber ich werd mir deinen Rat sicher später mal zu Herzen nehmen. Vielen vielen Dank für die schöne Inspiration! Alles Liebe Juliane

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  3. natalie 13. Juli 2017 um 14:08 Uhr

    Ich bin bestimmt kein unglücklicher Single, aber da ist einfach niemand, der mich mal eben auf den Arm nehmen kann. Ich muss jeden Scheiß immer alleine machen, immer alleine stark sein.

    Meistens läuft das sehr gut, ich hab’ ja auch keine andere Wahl. Und tolle Freunde. Und einen Job, der es mir ermöglicht, in den zwei tollsten deutschen Städten gleichzeitig leben und arbeiten zu können – das geht nur, weil ich eben so frei bin.

    Trotzdem macht dein Text gerade ein bisschen melancholisch traurig. Ich würde jeden Job der Welt aufgeben für jemanden, der mich so mag, dass er mich auf den Arm nehmen will um meine Sorgen mitzutragen.

    Liebe Steffi, freu’ du dich dafür doppelt für das, was du hast. Einen tollen Mann und zwei gesunde Kinder. Ich freu’ mich für dich mit und bin an der Stelle einfach stolz auf meinen Optimismus, weil ich so sehr daran glaube, dass ich das irgendwann auch noch finden werde. Und so lange lasse ich es mir nicht nehmen, mich Luxusweibchen ein bisschen extra zu pampern – einfach weil ichs kann. 😉

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    • Steffi 13. Juli 2017 um 15:18 Uhr

      @natalie: Liebe Natalie, ich weiß wie du dich fühlst. Klingt anmaßend, ist aber so. Ich war auch (lange) Single und erinnere mich sehr gut an die Zeit. Erst mein Mann hat mir das Gefühl gegeben, zu 100% ich sein zu können und alles äußern und einfordern zu können, was mir gut tut. Ich weiß es heute so sehr auch deshalb zu schätzen, weil ich genau weiß, wie tough es ohne so einen Partner ist. Ich bin mir 100% sicher, dass auch du diese Person für dich finden wirst. Weil du sie sofort erkennen wirst, wenn sie vor dir steht und all so etwas dann zu schätzen wissen wirst. Derweil machst du es doch genau richtig – dich selbst an die Hand zu nehmen. Dich selbst um dich zu kümmern. Das sollte man genauso wenig wie den tollen Job aufgeben müssen, um den passenden Partner zu finden. Du hast all das verdient und wirst es für dich finden! Ich bin jetzt einfach für dich mit optimistisch!!! Pamper dich weiter schön, ganz dicken Drücker von Luxusweibchen zu Luxusweibchen! Herzlich, Steffi

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  4. Katrin 11. Juli 2017 um 21:30 Uhr

    Liebe Steffi,

    ich könnte Dich drücken für diese Zeilen!!!!! Du sprichst mir aus der Seele und jede einzelne Zeile ist stimmig
    Ok, ich bin seit einigen Monaten Single, aber dieses Gefühl, des einfach mal in den Arm genommen werdens, ist wohl bei jedem/jeder in manchen Momenten da – wenn einen dann ein Mensch drückt und einen auf den Arm nimmt, den man liebt, ist das Balsam für die Seele und dann fluppt es wieder, wenn man sich einen Moment lang fallen lassen konnte, nicht die Starke mimen muss.
    Manchmal übernimmt mein 19-jähriger Sohn diesen Part und kocht mir was leckeres oder drückt mich einfach, um mir die (gefühlte) Schwere zu nehmen

    Wir sollten die Menschen um uns, die uns wirklich wichtig sind, öfter in den Arm nehmen – gefragt oder ungefragt – um ihnen einfach zu zeigen ‘alles ok, du bist nicht allein’
    Sei umarmt, Steffi – gute Nacht

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    • Steffi 13. Juli 2017 um 15:23 Uhr

      @Katrin: Liebe Katrin, wie schön!!! Den Drücker nehme ich sehr gern!! Und drück dich mit Karacho zurück! Herzliche Grüße, Steffi

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  5. Katharina 11. Juli 2017 um 19:26 Uhr

    Das ist toll! Es ist unglaublich wichtig, zu sagen, wann man nicht mehr kann, damit der Partner einspringen kann. Das merke ich nur schon bei einem 4-monatigen Baby 🙂

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    • Steffi 11. Juli 2017 um 20:23 Uhr

      @Katharina: Liebe Katharina, oh ja, da haben wir auch damit begonnen, als wir das erste Kind bekamen. Bei uns durfte jeder jederzeit sagen: “Ich kann nicht mehr”, dann ist der andere sofort aufgesprungen und hat übernommen. Es ist das allerwichtigste. Jeder kommt an den Punkt und er ist auch schnell überwunden, wenn man weiß, dass jemand da ist, der dann hilft. Wie schön, dass du das mit deinem Partner auch hast! Und ein 4-monatiges Baby, uiuiuiui, wie schön! Knuddelt schön! Herzlich, Steffi

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  6. Iris 11. Juli 2017 um 17:44 Uhr

    oh man…das ist so so gut und mir so aus dem Herzen heraus. Die Redewendung neu…aber die kauf ich sofort!
    DANKE! genau deshalb doppel-danke, weil heute so ein Tag ist, da will ich auf den Arm. Verrückt aber auch, als ob Du das gespürt hast.

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    • Steffi 11. Juli 2017 um 20:24 Uhr

      @Iris: Wie schön, das freut mich! Also nicht, dass dein Tag so argh ist, aber das der Text hilft! Mein Tag war auch komisch, ich weiß, was du meinst! Der Gatte macht gerade meine Lieblings-Bowl von Lynn aka Heavenlynnhealthy, danach sieht bestimmt schon alles anders aus. Ich hoffe, du machst inzwischen auch was Schönes! Herzliche Grüße, Steffi

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  7. wiebke 11. Juli 2017 um 11:02 Uhr

    Oh ja, das ist es auch, was ich am meisten vermisse. Die Geborgenheit einer Umarmung lässt sich nicht simulieren und fehlt mir manchmal sehr. Diese Momente, wenn alles zuviel ist …
    Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf!

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    • Steffi 11. Juli 2017 um 11:50 Uhr

      @wiebke: Liebe Wiebke, ich weiß genau was du meinst. Aber Gott sei Dank gibt es ja auch FreundInnen, denen man mal sagen kann: “Nimmst du mich mal aufn Arm?”. Das ist nicht das selbe, tut aber auch gut. Und dann ist er bestimmt bald da, dein eigener Bodyguard. Ich drück alle Daumen! Herzlich, Steffi

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  8. Claudia 11. Juli 2017 um 10:58 Uhr

    Bei mir ist es Codewort Kängurubeutel 🙂

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  9. Lilli 11. Juli 2017 um 09:51 Uhr

    Liebe Steffi, Du sprichst mir aus dem Herzen, kann ich sooo gut verstehen. Wir sagen dazu immer, ich bin heute noch ein Baby, dann weiß der andere genau, was zu tun ist 😉 Wenn man sich freitags beeilt, muß man schnell sagen, bin das ganze Wochenende noch ein Baby, dann wird man verwöhnt und sozusagen auch ‘getragen’. Ich habs mal an Silvester um Mitternacht schnell fürs ganze Jahr gesagt, aber das hat nicht geklappt 😉
    Schöne Woche, in der Du von Deinem Mann und guten Gedanken getragen wist, Lilli

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    • Steffi 11. Juli 2017 um 11:52 Uhr

      @Lilli: Liebe Lilli, großartig! Besonders das mit Silvester. Ich würd’s glatt noch mal versuchen! 😉 Herzlichste Grüße & dir auch eine schöne Woche! Steffi

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  10. Kathi 11. Juli 2017 um 09:34 Uhr

    Liebe Steffi,
    das gibt’s ja nicht! Damit bin ich aufgewachsen, das ist ein feststehender Begriff in meiner Familie. wenn damals ein Freund meiner Eltern bei langen Gesprächen & GinTonics seine Sorgen loswurde, mein Bruder bei Liebeskummer besonders betüddelt wurde oder schlimmes Heimweh einen spontanen Besuch auslöste: “Der/die muss mal auf den Arm!” dann wusste jeder bescheid. Mittlerweile hab ich selber oft meine eigenen Kinder oder meine älter werdenden Eltern “auf dem Arm” und großes Glück: einen Mann, der das mit dem “auf den Arm nehmen” gleich verstanden hat und auch richtig gut kann! Lieben Gruß, Kathi

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    • Steffi 11. Juli 2017 um 11:53 Uhr

      @Kathi: Wie schön! Stimmt, bei uns wurde das Zuhause auch gesagt! Und wie schön, dass du auch so einen Mann hast. Die sind so toll! 🙂 Herzliche Grüße, Steffi

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