Im Video habe ich mich nicht getraut, aber hier gebe ich es jetzt zu: Ich besitze aktuell neun Mäntel. Kein Mensch „braucht“ neun Mäntel und einige davon sollte ich wirklich weitergeben. Aber ich kann die Zahl rechtfertigen. Zumindest kann ich sie erklären. Nicht nur sind die Mäntel natürlich – natürlich! – alle komplett unterschiedlich. Ich trage jeden davon regelmäßig und einige besitze ich seit über einem Jahrzehnt. Vor allem aber geht bei Mänteln für mich die Rechnung von „Cost per Wear“ auf, übersetzt etwa: Man trägt den Preis um einiges schneller auf als das Material.
„Mäntel machen im Winter nicht nur praktisch einen Unterschied, sondern auch emotional.“ -
In einem Mantel bin ich gewappnet. Bei einem Mantel kommt es auf das Darunter nicht so an. Verdeckt es sogar gekonnt, wenn man zum Beispiel, sagen wir, in Pyjama und Ugg Boots das Kind in die Schule bringt. Merkt’s jemand, wenn man darüber einen elegant gewickelten Wollmantel trägt? Nur, wenn man’s zugibt. Der Mantel ist angezogene Sicherheit und der einfachste Weg, Variation in den Kleiderschrank zu bringen, der im Winter ja ansonsten weniger Spielraum bietet als zu anderen Jahreszeiten.
Bei der Auswahl, die ich euch für diese Modekolumne zusammengestellt habe, gibt es ein paar Marken, die ich euch bei meinem Lieblingskleidungsstück besonders ans Herz legen möchte.
Angefangen mit American Vintage, einer Marke, die mir bekannt war, aber die ich zuletzt ein wenig aus den Augen verloren hatte. Als ich auf der Suche nach Strickkleidern auf sie stieß, begeisterten mich die Cardigans (im Video trage ich
diesen in Dunkelgrau, der aktuell ausverkauft ist, aber es gibt ihn auch in einem gut gelaunten Grünton, und der wirklich gemütlich und warm ist) und vor allem die Mäntel und Steppjacken. Der
„Dadoulove“ – und liebt man da nicht schon den Namen? – ist durch das ungefütterte Doubleface keiner, den man bei einem strammen Spaziergang bei Orkanstärke an der Nordsee anziehen würde. Aber er ist ein idealer City-Mantel – mit Layering, wenn es im Winter kälter wird.
Ich komme jedes Jahr darauf zu sprechen, aber es liegt eben daran, dass ich jedes Jahr zusammen mit den zu entfusselnden Wollpullovern auch meine Thermowäsche aus den Winterkisten hole. Bei mir unangefochten: die
HeatTech-Kollektion von Uniqlo – und zwar von den Socken über die Unterwäsche bis zu Longsleeves. Unter weiten Hosen ziehe ich gerne auch die
Leggings „The Hug“ von Closely an, die nicht speziell isolierend wirkt, aber so fest und weich ist, dass sie dadurch wärmt. Die nächste Lage ist oft eine dünne Ultra-Light-Down-Jacke, ebenfalls
von Uniqlo. Ich trage seit Jahren ein kurze, denke aber, nachdem ich sie für die Kolumne getestet habe, über eine lange Weste aus der Linie nach. (Nebenbei: Wenn ihr auf der Suche nach warmer Kinderkleidung seid: Die
gefütterten Hosen von Uniqlo sind großartig und werden von mir gekauft, seit mein Sohn keine Strumpfhosen mehr tragen will).
„Beim Schnitt neige ich gerade zum Doppelreiher, der in jeder Lage Contenance zeigt.“ -
„Aber der nackte Hals!“, höre ich euch protestieren. Ich halte dagegen mit: Rollkragen, entweder am Pullover oder am Strickkleid. Ich habe euch, auf Wunsch, nach der Septemberkolumne noch einige weitere Strickkleider rausgesucht. Und – siehe da! –
Steffis neues Lieblingskleid von Designers Remix ist auch dabei, in Olivgrün.
Außerdem pariere ich der Besorgnis um nackte Hälse mit den Schals von
Zellweger Warmwear, einer frisch geschlüpften Marke aus Berlin, die ihre aus Baumwolle fertigen lassen – was man angesichts der Haptik und Optik niemals denken würde. Warmwear ist keine Übertreibung: Ich hatte es selbst nur unter dem Halstuch mollig. Weitere Modelle sind ein länglicher Schal und eine Decke, die ich, zum Dreieck gefaltet, aber auch über dem Mantel tragen würde.
Ich finde im Grunde in jeder Kollektion von Cos mindestens einen Mantel, der so schön ist, dass ich nach weiteren Ausreden suche, meine Sammlung zu erweitern. In dieser Saison ist es
dieser. Da ich bei Mänteln versuche, sehr langfristig zu denken, durchaus auf zehn Jahre, kaufe ich sie oft aber auch abseits der Saison und im Sale. So habe ich den von
Harris Wharf London gefunden. Auf der Suche nach Wollmänteln sollte man auch
Isabel Marant Vintage besuchen, Marie hatte die Website vor kurzem
im Newsletter vorgestellt, wo man die Designs zu Secondhandpreisen findet. Und, Glück gehabt,
der pinke Mantel von American Vintage, oben zu sehen, ist aktuell im Sale.
Falls man in ein Büro geht und ein Pyjama unterm Mantel aufsehenerregender wäre, als einem lieb ist: zum Layering gesteppte Jacken oder Westen nehmen, die man problemlos auch drinnen anbehalten kann (und möchte). Zum Beispiel
dieses Modell in Regenbogenfarben von Stella Nova. Oder diese
gemusterte Jacke von ba&sh.
Was mich zu dicken Jacken bringt – von denen inzwischen ein Großteil mit recycelten Daunen oder Tech-Fill-Materialien gepolstert sind. Die mit Abstand wärmste, die ich anprobiert habe, war das hellgelbe Modell von Champion, das ihr im Video seht:
„Ein Gefühl, als würde man sich in ein Kissen legen.“ -
Ich musste dabei sofort an Steffi denken. Die hat, nicht zu Unrecht, oft, wenn ich nach Hamburg kam, meine dünnen Berliner Modemäntel lachend kommentiert – und mir dann Decken und Schals gereicht. Auf der Wärmeskala von „Steffi“ (ideal wäre ein Jackenmodell mit eingebauter Wärmflasche) bis „Marlene“ (ich laufe auch im Dezember noch mit nackten Knöcheln rum – heiße Füße!) empfehle ich für alle Steffis bei Sport- und Outdoor-Marken zu schauen, die meist eine größere Expertise in Isolierung haben als reine Modelabels.
Diese Jacke von Röhnisch könnte mich davon überzeugen, jeden Mantel abzulegen.
Ein guter Mittelwert auf der Skala sind die beiden Mäntel von American Vintage, die ich im Video und auf den Bildern trage, der weinrote mit einem Futter aus Fleece. Bei beiden mag ich die Steppung, die ich raffinierter finde als die typische Quersteppung. Von
Embassy of Bricks and Logs habt ihr vielleicht schon gehört. Ich habe sie in einer meiner ersten Modekolumnen vorgestellt. Seitdem hat sich die Marke als Go-To für warme Winterjacken etabliert. Verständlich, denn sie zeichnet sich unter anderem durch die breite Auswahl an Farben aus, wie auch, und das ist ungewöhnlich und daher umso willkommener bei Pufferjacken, Muster. Neu entdeckt habe ich, dass
Armed Angels jetzt Outerwear anbieten: einen Parka, in den man eine gesteppte Jacke knöpfen kann. Auf der Wärmeskala liegen die schätzungsweise bei Marlene.
Was mich jetzt noch zum Spaß an der ganzen Sache bringt. Und einem Label, das ich bei der Recherche auch wiederentdeckt habe:
ottod’ame. Mir fehlten nur noch ein, zwei Jacken für die Collage, aber dann sah ich die Auswahl und es fiel mir wirklich schwer, nur ein paar auszusuchen. Bei der
wattierten Hose musste ich zuerst lachen – und dann dachte ich: Warum eigentlich nicht? Optimismus wie den, den eine Bibo-gelbe Hose mit gesteppten Herzen verspricht, wird wohl gerade in diesem Winter mehr als guttun. Die kann man dann beim School-Run dezent unterm Mantel aufblitzen lassen. Oder als Ansage mit dem dazu passenden Hemd tragen. Das ist buchstäblich: Liebe.
Eure
Marlene Sørensen (Porträts); PR (Produktfotos)