Meine erste Modekolumne erschien am 1. Mai 2020. Nicht allzu lang davor hatte ich angefangen, auf Instagram zu tanzen. Einfach so. Aus dem Gefühl heraus, dem Trübsal und der Verunsicherung des ersten Covid-Winters etwas entgegenzuhalten. Einmal pro Woche zog ich einen Overall an, suchte einen Lieblingssong aus und tanzte los.
Noch bevor mir die Overalls ausgingen, begann diese Kolumne, denn Steffi hatte die Idee, für die damalige Rückkehr ins Büro Looks vorzustellen, in denen man tanzen kann. „Denn nichts anderes möchten wir in Zukunft noch anziehen“, schrieb sie.
Seitdem ist einiges passiert. Auf den ersten Lockdown folgte der zweite, dritte. Vierte? Ich weiß es schon gar nicht mehr. Mir fällt es schwer, die letzten drei Jahre zu überblicken. Sicher ist, dass auf die erste Kolumne viele weitere folgten. Sicher ist auch, dass ich mir Monat für Monat vornahm, Mode vorzustellen, die bewegt. Die animiert, Neues auszuprobieren, und einen anschubst, alte Glaubenssätze abzulegen. Oder, auch das, die einen in die Shops rennen lässt.
„Ich habe zwar nicht jeden Text vorgetanzt, aber es war immer eine große Freude, für euch zu schreiben.“ -
Vor allem aber, mich mit euch auszutauschen. Das Vergnügen jeder Ausgabe war, gemeinsam Spaß daran zu haben, sich ernsthaft mit Mode zu beschäftigen und sie dennoch nicht allzu ernst zu nehmen.
Und noch etwas steht fest: Ich würde die Looks aus der ersten Kolumne heute genauso tragen. Das wiederum brachte mich auf die Idee für meine (vorerst) letzte Kolumne: Ich stelle euch Lieblingsteile vor – die der letzten Jahre und die für die Weile, die sie einen begleiten, all das erfüllen, was Mode können sollte: amüsieren, unterstützen, guttun. So wie es in den letzten drei Jahren hoffentlich auch diese Kolumne geschafft hat. Für mich geht es ab Juni als Features Director bei Harper’s Bazaar weiter.
Das Outfit, das ich bis in alle Ewigkeit tragen werde
Ist ein Overall. Natürlich ist es das. Ich habe damals auch deshalb in Overalls getanzt, weil ich reichlich davon im Kleiderschrank habe, im Lockdown aber kaum Gelegenheit fand, sie alle zu tragen. Man findet, die Tänze im Wohnzimmer waren der Beweis, jedoch so gut wie immer Gelegenheit, sie anzuziehen.
„Es gibt wenig, das der Overall nicht abdeckt.“ -
Außer natürlich den halben Körper, wenn man die Toilette aufsuchen muss. Was das betrifft, gibt es sicher praktischere Kleidungsstücke. Aber! Die Zeit, die man beim Entkleiden auf dem Klo verliert, gewinnt man allein dadurch zurück, dass man beim Anziehen eines Einteilers von vornherein nur eine Entscheidung treffen muss. So gesehen ist der Overall nicht nur das nützlichste und vielseitigste Kleidungsstück, das ich kenne, sondern tatsächlich auch das praktischste.
Das Outfit, das den Sport für einen erledigt
Gibt`s leider nicht. Ich hätte in meiner letzten Kolumne zwar gerne eine echte Sensationsmeldung verkündet, aber die Yoga-Leggings, die einen zur Matte fernsteuert, muss leider erst noch erfunden werden. Doch falls das Anfangen, Pausieren und Neustarten der letzten Jahre mich neben der Feststellung, dass Burpees nicht nur doof heißen, sondern auch doof sind, etwas gelehrt haben, dann das: Bei Sportkleidung machen das richtige Material und großer Komfort einen erheblichen Unterschied dafür, überhaupt an die Startlinie zu gehen.
Ich trainiere am liebsten in Closely.
Addictive Leggings (oben links) und
High Support Sport-BH sind wie ein persönlicher Betreuerstab aus Stoff.
Hug Leggings plus
Medium Support-Oberteil halten genau das, was der Name verspricht: Sie schließen einen in eine weiche Umarmung. Die knalligen Outfits von Hey Honey Yoga (oben rechts) sind nicht nur optisch ein Hingucker, sondern werden auch fair und umweltfreundlich in Europa hergestellt. In der
aktuellen Goodie Bag gibt es 20 Prozent Rabatt auf die Produkte von Hey Honey Yoga. Mein Platz 2 bei Sportkleidung:
Casall. Platz 3:
Lululemon.
Der (leichte) Mantel, der das Anziehen für einen erledigt
Ein Geheimnis, das ich für immer bewahren werde: Wie oft genau ich so tue, als hätte ich einfach keine Zeit gehabt, mich nach dem Yoga umzuziehen (während ich die Leggings in Wahrheit anbehalte, weil sie so bequem sind. Oder anziehe, obwohl ich keineswegs vorhabe, an dem Tag überhaupt Sport zu machen). Ein Geheimnis, das ich hingegen teile: Der Grund, warum ich niemals aufdecken muss, wie viele Tage Leggings-Tage sind, sind Mäntel:
„Sie sind der beste modische Bluff.“ -
Vollkommen klar, warum Derrick stets Trenchcoat trug: So konnte er vor Harry verbergen, wenn er nach dem Frühsport seine Gymnastikhosen anbehalten hatte.
Unter einem Mantel verschwindet alles, was man verschwinden lassen möchte. Das, was man wiederum zeigen will, gewinnt durch den richtigen Mantel – der einem Outfit Richtung gibt und es absichtsvoll wirken lässt (während er einen nebenbei wärmt und schützt). Was unterscheidet den „richtigen“ Mantel vom „falschen“? Material, Schnitt, Preis. Bei Mänteln (und Schuhen) lohnt es sich, Geld für etwas auszugeben, das dank einer klassischen Form und einem vernünftigen Stoff lange halten wird.
Und obwohl ich vermutlich nicht komplett vertrauenswürdig bin, was Ratschläge zu Mänteln betrifft – ich habe gerade erst einen gekauft, den ich „brauchte“, aber nicht brauchte –, würde ich beim Kauf drei Dinge empfehlen:
- Antizyklisch shoppen – oder auch: im Sale. Bei einem zeitlosen Schnitt ist eh egal, in welcher Saison man das Teil erstanden hat.
- Zuerst nach Marken statt Schnitten schauen. Klingt vielleicht unlogisch – wenn man online einen Trenchcoat sucht, tippt man auch Trenchcoat bei der Suche ein – aber: Labels, die für Outerwear stehen, haben meist mehr zu bieten als das, was man im Sinn hatte. Beispielsweise ein Update für einen klassischen Trench.
- Bei der Auswahl des Schnitts macht man mit diesen nichts verkehrt: dem bereits erwähnten Trench; einem leichten Übergangsmantel; einem Wickel-mich-im-Oktober-ein-und-weck-mich-im-April-Mantel.
Bei leichten (smarten) Übergangsmänteln komme ich immer wieder auf den
Dadoulove von American Vintage(5) zurück, aktuell gibt es ihn in Gelb, in Grau, in Rosa ...
Für Mäntel, in denen man überwintern (und übersommern) kann, ist seit Jahren meine erste Adresse:
Embassy of Bricks & Logs(2).
Die Unterwäsche, in der man so gut wie nackt ist
„I see women out and y’all are wearing bras again. I THOUGHT WE HAD AN AGREEMENT“ – dieser Tweet der amerikanischen Schauspielerin Kate Lambert bringt für mich die größte modische Herausforderung der letzten Jahre auf den Punkt. Nicht etwa, mich nach Monaten in Jogginghosen dem Konzept Reißverschluss anzunähern, sondern wieder einen BH zu tragen. Es gibt in der Tat ein Leben vor der Pandemie und eines danach: Die Trennlinie ist der Bügel in BHs. Kann ich nicht mehr haben. Will ich nicht mehr spüren. Weil ich aber aus Gründen, die etwas mit Anstand und dem fortschreitenden Alterungsprozess zu tun haben, auch nicht immer ohne BH kann, bin ich zu einer Auswahl an bügellosen BHs gekommen. Steffi und Alexa schwören auf
Skims. Ich empfehle außerdem:
Die Bademode, in der man sich nicht entblößt fühlt
Eine Erkenntnis nicht nur der letzten drei Jahre, sondern aus 43 Jahren Leben: Die Kleidung für den Strand sollte ebenso sehr entspannen wie die Zeit am Strand. Ganz entspannt macht man es sich mit diesen Marken:
- Volans (eine ebenso große Auswahl an schlichten und farbreichen Designs wie an Größen; oben rechts, darauf gibt es 15 Prozent Rabatt in der aktuellen Goodie Bag)
- Lululemon (das Sortiment ist so reduziert wie die sportlichen Schnitte, aber eben das gefällt. Wie auch die Größenauswahl)
- Lilja (nachhaltige Bikinis und Onepieces in Retro-Prints von XS bis 2XL)
- 1979 Swim (Bademode mit Old-Hollywood-Glamour. Ich trage seit einigen Jahren den Black Vintage low leg swimsuit und High waist bikini Luise)
- Canopeia (sehr charmant, sehr französisch, sehr „nennt mich Brigitte Bardot“; oben links)
Das Outfit, in dem man man selbst ist

Die kluge Journalistin und Autorin Caitlin Moran hat einmal geschrieben: „Wenn eine Frau beim Öffnen ihres Kleiderschranks sagt, dass sie nichts zum Anziehen hat, meint sie in Wahrheit: Da hängt nichts für die Person, die ich heute sein soll.“ Ich stand erst gestern Abend vor der Garderobe und habe mich gefragt: Wer will ich sein, wenn ich zu einem gesetzten Dinner eingeladen bin, das an einem Wochentag stattfindet, für eine minimalistische Modemarke ist und ohne Dresscode? Morgen frage ich mich vielleicht: Wie sieht die Frau aus, die Lunchboxes packt und Fahrrad fährt und eine Online-Präsentation hält und einen Vertrag aushandelt und in den Supermarkt geht und mit Freundinnen zum Dinner verabredet ist? Eine tägliche Frage, denn: Bei Frauen hält man das, was sie tragen, für das, was sie sind, wie Caitlin Moran auch geschrieben hat. Fällt einem scheinbar nichts Gescheites ein, ist man verunsichert. Doch in Morans Feststellung habe ich festgestellt, kann auch eine Sicherheit liegen: Man kann die Klamotte vorschicken.
„Obwohl man viel mehr ist als das, was man trägt, kann Kleidung einem einiges abnehmen.“ -
Souveränität ausdrücken, Stolz demonstrieren oder einen aufrichten, wenn man schon wieder kurz davor war, doch zur Leggings zu greifen. Ich erinnere mich an einen Tag im letzten Sommer, als ich mein Buch abgeben musste, das Kind wegen einer Zahn-OP ungeplant zwei Tage lang zuhause war und ich nebenbei die Steuererklärung erledigen sollte. An diesem Tag habe ich mich dann, als ich losging, um Zahnpasta und Tampons zu kaufen, angezogen wie für einen Spaziergang an der Amalfiküste, mit schwingendem Rock, feinster Handtasche und einem fast unanständig weit aufgeknöpften Hemd. Es war ein äußeres Aufrichten für innere Contenance. Ein dringend nötiges „Fake it till you make it“.
Es gibt kaum einen Tag, habe ich in dem Buch, das ich kurz darauf abgab, geschrieben, der nicht dadurch verbessert würde, sich etwas Schönes anzuziehen. Dafür braucht es nicht viel. Nur ein paar Dinge, auf die man sich verlassen kann. In denen man sich selbst erkennt. Oder, sollte das nötig sein, als die Frau erscheint, als die man gerne gesehen werden möchte. Bei mir sind es, mit Hinblick auf den Sommer: der
Powerful Skirt von Addition in Schwarz (3), ein
elegantes Kleid(5), ebenfalls in Schwarz – die Farbe, in der ich mich am sichersten fühle –, ein weißes Sommerkleid wie
von Faithfull the Brand (1), eine Geht-immer-Jeans wie die
Standard Jeans von Asket, ein
gestreiftes Oversized-Hemd wie von Soho Studios(2), ein leichter
Asket-Cashmere-Pullover(4), eine
Boxershorts, die ich als Shorts tragen werde (Love Stories) und ein
Oversized-T-Shirt (Arket), dazu ein Paar
Chucks und ein Paar
Sandalen (die „Spargi“ von A. Emery x Matteau sind seit ein paar Jahren absolute Lieblinge – und wurden gerade wieder neu aufgelegt).
Muss ich noch erwähnen, dass man in all dem hervorragend tanzen kann?
Das, was Steffi vor drei Jahren in der Anmoderation meiner ersten Kolumne geschrieben hat, gilt noch immer: „Keep on dancing.“
Mit einem großen Knicks und viel Dankbarkeit