Folgendes Selbstgespräch findet jedes Jahr etwa um diese Zeit statt:
„Der Urlaub wäre doch DIE Gelegenheit, endlich dieses eine Kleid zu tragen. Und das, was da hinten im Schrank hängt. Oder diese … interessante Wickelhose! Fast vergessen, dass ich sie hatte.“
„Mmh.“
„Was?“
„Du wirst davon nichts tragen.“
„Aber warum denn nicht?“
„Weil schon zuhause irgendetwas daran nie ganz passt. Entweder ist der Schnitt zu kompliziert oder dir fehlen die richtigen Schuhe dazu. Oder du stellst fest, dass Limone auch in diesem Jahr nicht deine Sommerfarbe ist, egal, was der Trend sagt.“
„Vielleicht fehlt mir im Alltag einfach nur die Zeit, die Teile richtig zu stylen.“
„Als hättest du die im Urlaub.“
„Oder die richtige Gelegenheit.“
„Du fährst an die Ostsee nach Dänemark. Das Einzige, was du dort brauchst, sind Shorts und T-Shirts.“
„Kein leichtes Seidenfähnchen, zu dem ich noch schnell ein Unterkleid kaufen müsste, das im Grunde nur zu High Heels gut aussieht und noch besser vor einer Kulisse, die einen Pool und ein privates Strandhaus involviert?“
„Gahahahaha!“
„Ach, sei endlich still.“
Und dann packe ich drei Teile, die ich zuhause nie trage, ein – um sie natürlich auch im Urlaub nicht zu tragen.
Es ist nämlich ein Irrtum, dass man aus den Ferien auch mit den Outfits das Maximale rausholen muss, wenn auch ein nachvollziehbarer: Andere Orte beinhalten das Versprechen, dass dort weniger Alltag ist, auch modisch. Gerade jetzt, wo das Reisen zum ersten Mal seit langem überhaupt wieder eine Möglichkeit ist. Ich weiß jetzt schon, dass ich mich vor lauter Vorfreude stark zurückhalten muss, nicht doch das Seidenfähnchen nach Dänemark mitzunehmen. Vielleicht schreibe ich mir am besten ein Post-it und klebe es schon mal auf den Koffer:
„Jedes Kilo Übergepäck nimmt dem Urlaub etwas von seiner Unbeschwertheit.“ -
Ich bin jedenfalls überzeugt, dass mich die „Eventuell wird aus uns im Urlaub doch noch mal was“-Kleider aus den Hotelschränken immer besonders vorwurfsvoll angeschaut haben. Ein schlechtes Gewissen und eine verrenkte Schulter vom Kofferschleppen sind aber so etwas wie der Kumpel der besten Freundin, der sich damals in den Südfrankreich-Urlaub selbst eingeladen hatte und einem dann zwei Wochen lang schwer auf den Senkel ging.
In diese Kolumne durften stattdessen nur nette Gäste: Teile, die sich leicht packen lassen und die man am Urlaubsort nicht mit dem Gedanken „Was habe ich mir denn dabei gedacht?“ auspackt, die nicht alltäglich aussehen und dennoch jeden Tag zum Einsatz kommen können – ob in Plön oder in Palm Beach.
Das KLEID
Leicht? Check. Freudvoll? Check. Macht sich im Koffer klein? Check. Macht angezogen groß was her? Check. Das ideale Kleid als Reisebegleiter ist eines, bei dem man die Checkliste einmal abhaken kann, um dann nie wieder darüber nachzudenken. Es passt einfach immer: als schneller Überwurf nach dem Baden und als Begleiter zum Ausgehen, am Strand, in den Bergen oder in der Stadt. Was es ausmacht, ist weniger ein bestimmter Schnitt – wobei ich einen kastigen Kaftan, der offen oder gebunden getragen werden kann, am vielseitigsten finde –, sondern eine Ausstrahlung, die es im Sommer verortet.

Die Kollektion von Santa Lupita ist ein gutes Beispiel dafür. Die Kleider der Marke, die 2014 in Deutschland gegründet wurde, werden in Mexiko per Hand gewebt und bestickt. Santa Lupita kooperiert dafür mit über 100 indigenen Kunsthandwerker*innen, die in zumeist abgelegenen Gebieten angesiedelt sind und dort in ihren Privathäusern produzieren, wodurch sie gleichzeitig ihrer Arbeit nachgehen und am Familienleben teilnehmen können. Nicht nur die Muster sind dabei landestypisch, auch die Verwendung von Naturfasern und Naturfarben hat Tradition. Ich trage hier die Modelle
The Copal Summer Huipil (Senfgelb) und
The Mommy’s Mexican Dress (mit Muster) aus The Simplicity Collection.
Die ACCESSOIRES
Meine Lieblingsrubrik in Gala/Bunte/InStyle: Prominente an Flughäfen. Vielleicht, weil es mich an den Glamour des Reisens erinnert. Vielleicht, weil es mich endlos amüsiert, wenn Victoria Beckham durch Heathrow stöckelt wie durch einen Showroom. Vielleicht, weil ich interessiert nickend wahrnehme, dass Models am liebsten mit Paschmina reisen, obwohl ich das schon 164 Mal gelesen habe. Vielleicht aber vor allem, weil ich Sonnenbrillen schätze.
Nicht nur, wenn man nach einem Zwölf-Stunden-Flug in der First Class die Spuren von zu viel Champagner verbergen will. Der Effekt einer „Schrecklich, diese Paparazzi“-Brille lässt sich überall erleben. Man muss dafür nicht mal in einen Flieger steigen. Die Bilder zu dieser Kolumne sind etwa in Brandenburg entstanden, sozusagen an der Costa del Wusterwitz. Lustig wird’s auch dort mit Accessoires, die das süße Leben ausstrahlen.

Meine drei Favoriten: 1. Eine Brillenkette, die das Nützliche mit Eleganz tarnt. Bei dem Design von Sabrina Dehoff denke ich an Palm Beach und Cocktails mit Schirmchen. Und vergesse nie wieder meine Brille irgendwo. 2. Ein Schmuckstück, das gute Laune ausstrahlt, am liebsten so buchstäblich wie das Collier „Smilie Dude“ von WALD Berlin (in der Goodie Bag
hier gibt`s aktuell einen Rabatt), die Fair-Trade-Schmuckmarke von Dana Roski und Joyce Binneboese. 3. Eine Basttasche – einfach, weil ich überzeugt bin, dass ein Sommer ohne Basttasche keiner ist. Bonus: Diese von Sézane aus recycelten Baumwollfasern und nachhaltig gewachsenem Bambus ist biologisch abbaubar und recycelbar.
Das SET
In der akkuraten Ausführung nennt es sich Twinset. In der Ferienversion nenne ich es: Ready Set Go. Ein zusammenpassendes Ensemble – nebenbei: Ensemble, ein zu selten benutztes Wort – hat mehr Charme als Shorts und T-Shirt, ist dabei ebenso unkompliziert. Zudem bieten die Teile separat trotzdem viele Kombinationsmöglichkeiten. Ich trage hier
Shirt und
Shorts von Helena Harfst (gibt es auch in Bordeaux). Das Label von Designerin Anna-Lisa Helena Harfst ist eine Instagram-Entdeckung (manchmal bleibt beim Scrollen eben auch etwas Gutes hängen). Die Kollektionen entstehen in ihrer Heimat Hessen aus natürlichen Stoffen wie Leinen, die sie von regionalen Lieferanten bezieht und die im kleinen Familienbetrieb weiterverarbeitet werden. Harfst, die Mutter von vier Kindern ist, nennt ihre Designs, die auch Kleider, Hosen, Westen oder Denim umfassen, „unverwüstliche Sorglos-Kleidung“. Kann ich bestätigen.
Ich wünsche euch unbeschwerte Tage!
Eure
Fotos: Alexa von Heyden (Porträts), Marlene Sørensen (Stills) & PR (Collagen)