Job & Finanzen
Ein Lunch-Date mit Marina
Wie du andere von deiner Idee überzeugst, verrät unsere Karrierekolumnistin Marina Schakarian.
von Marina Schakarian - 01.11.2020
Du hast da diese eine gute, ach was sag ich, wirklich geniale Idee, doch keiner teilt deinen Enthusiasmus? Die Kollegen oder deine Liebsten meckern sogar noch an deinem Vorschlag herum, statt ihn zu feiern? Dieses Gefühl kennen wohl alle von uns und unsere Karrierekolumnistin Marina Schakarian weiß Rat. Manchmal ist nämlich gar nicht die Idee Schuld, sondern die Art der Präsentation sowie unsere Resonanz auf Feedback. Seine Idee anderen zu verkaufen, kann man aber lernen und Marina nennt vier Schritte, mit denen wir unsere Präsentationen Stück für Stück verbessern können.
Da ihr euch das Lunch-Date mit Marina nicht nur zum Anhören, sondern auch zum Lesen gewünscht habt, findet ihr im Anhang nochmal den Text zur Audio-Datei.
Viel Spaß beim Anhören oder beim Lesen!
Hallo und willkommen zu unserem Lunch-Date. Ich bin Marina und als ich noch ein Teenager war, noch zuhause wohnte und prokrastinierend zum x-ten Mal zum Kühlschrank tingelte, rief mir meine Mutter zu: „Jetzt aber nicht wieder Schokolade essen, nimm dir doch einen Apfel.“ Was passierte? Ich hamsterte alle Süßigkeiten, die ich auf die Schnelle finden konnte, und verzog mich wieder auf mein Zimmer.
Für mich war das fast ein körperlicher Impuls, alles nehmen – bloß nicht den Apfel. Obwohl ich eigentlich gar keine Lust auf etwas Süßes hatte. Aber dass meine Mutter mir in dem Moment etwas vorschreiben wollte, ließ mich an die Decke gehen und genau das Gegenteil machen. Ähnliches Verhalten kann ich schon bei meiner einjährigen Tochter beobachten– wenn ich ihr alle Spielsachen zeige außer eine, die ich behalte, will sie genau und nur die. Wieso ich dir das beim Lunch-Date erzähle?
Dieses Verhalten, genau das Gegenteil des Gesagten zu tun, kennen wir aus unserer Kindheit und vor allem aus der Pubertät, in der sich alles um unsere Freiheit und Autonomie drehte. Dieser Impuls geht aber danach nicht weg, sondern bleibt immer in uns. Sobald wir uns emotional bevormundet, übergangen oder mit einer Empfehlung oder Idee unter Druck gesetzt fühlen, machen wir zu. Und gehen teilweise noch weiter:

„Wir werden trotzig und neigen dazu, das genaue Gegenteil zu machen.“ -

Ein anderes Beispiel, das du vielleicht von der Arbeit kennst: Du bist dabei, deinen Kolleg*innen deine neuen Ideen zu präsentieren. Du bist vorbereitet, die Ideen sind gut, sehr gut sogar, die Präsentation durchdacht und du stellst sie selbstbewusst vor und kommst ins Schwärmen. Und dann kommt die berüchtigte Feedbackrunde. Die ersten Meldungen mögen vielleicht ganz positiv und zustimmend sein, und dann merkst du, dass die eine Marketingkollegin langsam den Kopf schüttelt und sagt: „So innovativ ist das ja nicht, wir haben das ja schon mal so ähnlich probiert, das wird nicht funktionieren.“ Und dann kippt die Stimmung. Immer mehr Kolleg*innen äußern Bedenken und fokussieren sich auf die Schwächen der Idee. Was ist passiert?
Das Phänomen bezeichnet man in der Psychologie als „Reaktanz“, zu Deutsch Blindwiderstand, der in jedem von uns wohnt und vom Verhalten des Gegenübers getriggert wird. In unserem Arbeitsszenario hast du, je mehr du ins Schwärmen gekommen bist, die Kolleg*innen unterbewusst getriggert. Daraufhin haben sie sich bevormundet und übergangen gefühlt und durch ihre Kommentare dann versucht, eine „innere Balance“ wiederherzustellen, indem sie dagegen gegangen sind. Manchmal kann man bei solchen Feedback- oder Kommentarrunden die „Regel der magischen Fünf beobachten“ – ab dem fünften Kommentar wendet sich das Blatt, die Aussagen der Vorredner werden ins Positive oder Negative umgewandelt. So auch in unserem Beispiel. Sind also gute Ideen automatisch zum Scheitern verurteilt?
Kurz nochmal zurück in meine Kindheit: Als ich klein war, rannte ich im Urlaub mit voller Wucht gegen eine Scheibe. Eigentlich stand die Balkontür tagsüber immer auf. Ich war so in mein Spiel vertieft, wollte unbedingt irgendein Spielzeug rausbringen, und plötzlich machte es „Bum“ und ich fiel ganz bedröppelt nach hinten zurück. So stelle ich mir auch den reaktanten Blindwiderstand vor: Wir alle haben so eine Art inneren Kontrollpunkt mit einer Glastür, durch die Vorschläge, Ideen und Tipps von anderen erstmal kommen müssen. Und wir alle kennen das Gefühl des Zumachens. Wann geht unsere Glastür also zu?
Wenn wir uns unserer Entscheidungsfreiheit beraubt fühlen, wenn wir denken, dass ein Gleichgewicht oder die Gerechtigkeit gestört ist, aber auch wenn wir uns durch etwas Neues überrannt fühlen. Das alles lässt uns und andere innerlich sagen: „Nee, da gehe ich jetzt nicht mit.“ Die Ideen und Vorschläge prallen an der Tür ab, ohne weiter genau betrachtet zu werden. So viel zum psychologischen Background.

„Sollen wir jetzt alle extra so tun, als fänden wir unsere Vorschläge nicht gut?“ -

Damit wir bloß niemanden überrennen? Nein, ich verrate dir, wie du es schaffst, deine Ideen richtig in Szene zu setzen, ohne an der inneren Glastür der anderen abzuprallen.
Als ersten Schritt lade ich dich zum Beobachten ein:
Wann laufen Gruppenbrainstormings auf deiner Arbeit aus dem Ruder? Wieso stößt der ausgefeilte Urlaubsplan bei deiner Freundin nicht auf sofortige Begeisterung? Wieso ruft deine spontan beim Frühstück vorgetragene Renovierungsidee bei deinem Mann direkt Ablehnung hervor? Wenn du diese Ablehnung oder Abwehr bei anderen merkst, ist es erstmal ein Hinweis an dich, dass gerade etwas in der Kommunikation schiefgelaufen ist. Sobald du bemerkst und lernst zu differenzieren, dass das Verhalten der anderen nicht unmittelbar mit deinen Ideen, sondern der Vortragsart zu tun hat, ist schon ein Großteil geschafft. Und jetzt geht’s ans Rumwerkeln: also, deine Ideen und Vorstellungen den anderen so vorzutragen, dass ihre Glastür offen bleibt und dir nicht vor der Nase zufällt.
Egal, ob bei deiner nächsten Arbeitspräsentation, dem Teammeeting, dem Freund*innen-Brunch oder dem Abendessen mit der Familie: Diese vier Werkzeuge helfen dir, deine Ideen richtig in Szene zu setzen und andere davon zu überzeugen:

1. Das Setting:

Der richtige Rahmen wertet das Bild auf, eine schöne Verpackung macht Lust auf das Geschenk und so weiter. Ich denke, du verstehst mich. Auch bei einer Präsentation können Zuhörer*innen durch das falsche Setting schon innerlich zumachen, bevor es überhaupt zu deinem Vortrag kam. Vereinfacht kann man sagen:
Je mehr das Publikum das Gefühl hat, die Spielregeln zu kennen, umso einfacher wirst du es haben.
So kann man vor einem wichtigen Meeting vorab eine Gliederung und Erwartungshaltung rumschicken, die Stühle eher im Halbkreis platzieren und im Laufe eines Vortrags auch mal einen partizipativen Teil einbauen. Aber Vorsicht! Wichtig ist, den gemeinschaftlichen Teil so durchdacht einzubinden, dass er nicht aus dem Ruder läuft. Dafür kann man beispielsweise schon im Vorfeld bei den Teilnehmer*innen die Probleme erfragen oder Ideen gemeinsam brainstormen. Dazu erzähle ich dir gerne ein anderes Mal mehr.

2. Die Herleitung:

Menschen lieben, wenn sie wissen, was passiert. Wenn du mit deinen Lösungsvorschlägen und Ideen punkten willst, solltest du deine Zuhörer*innen mit einer Analyse abholen. Dabei kommt es darauf an, dass du das Problem umreißt und erklärst, so greifbar machst, dass du da schon ein paar Nicker bekommst. Hole dein Publikum mit der Herleitung ab und bringe sie damit auf deine Seite und deinen Wissensstand.

3. Die Sprache:

Unsere Wörter haben immer mehrere Bedeutungsebenen. Das Wort Vorschläge zum Beispiel kann durch die „Schläge“ darin schon negative Assoziationen und somit auch Reaktanz beim Gegenüber hervorrufen. Darauf sollte man bei wichtigen Schlüsselsätzen achten.
Bei Diskussionen mit deinem Gegenüber solltest du ebenfalls gut hinhören und analysieren, zu welchem sogenannten Repräsentationstyp die Person zählt. Vereinfacht kann man sagen:

„Jeder von uns nimmt die Welt anders wahr und äußert das durch die Verwendung unterschiedlicher Wörter.“ -

Grob kann man sagen, dass es den visuellen, auditiven und kinästhetischen Repräsentationstyp gibt und wir meistens zu einem tendieren. Erkennbar wird es durch die Verwendung von unterschiedlichen Signalwörtern. Der visuelle Typ redet gerne in Bildern und Metaphern. Für ihn sieht die Idee ganz gut aus, während für den auditiven Typ es sich gut anhören muss. Der Kinästhetiker fühlt sich lieber in die Idee hinein und hat eine ausgeprägte Körpersprache. Das Thema Sprache ist wirklich ein weites Feld und sehr komplex, daher kann ich es jetzt nur mal anreißen und dich dafür sensibilisieren.
Analysiere doch mal bei dir und deinen engsten Mitmenschen, zu welchem Typ sie gehören. Versuche dich dann so auf sie einzustellen, dass du in ihr Repräsentationssystem eintauchst. Du wirst merken – dadurch alleine kannst du einige Missverständnisse vermeiden und die Kommunikation verbessern.

4. Die Lobbyarbeit:

Um zu gewinnen, braucht es Verbündete und Vorbereitung. Ich versuche vor wichtigen Präsentationen die Teilnehmer*innen zu screenen und ihr mögliches Mindset zu verstehen. Bestenfalls hole ich vorab schon ein paar der Personen mit ins Boot, mache sie also zu meinen Verbündeten. Ich kann sie zum Beispiel in meine Ideenfindung und Problemlösung im Voraus einbinden. Verbündete müssen auch nicht immer die engsten Vertrauten, sondern können auch die schwierigen Kolleg*innen sein, die normalerweise immer gegen meine Vorschläge sind. Je früher sie eingebunden werden, umso weniger können sie uns vor versammelter Mannschaft bloßstellen.
Puh, das waren doch schon ganz schön viele Informationen, oder? Natürlich ist ab jetzt nicht jede Präsentation ein Homerun oder jede Familiendiskussion ein Klacks. Aber ich hoffe, dass meine Tipps dir dabei helfen können, dein Frühwarnsystem für reaktante, zuknallende Glastüren zu schärfen und dass du bei der nächsten Präsentation mit deinen Ideen alle abholen kannst. Mich würde ja noch interessieren, ob du irgendwelche Tipps und Tricks hast, die du bei Präsentationen immer anwendest? Hinterlasse sie doch gern in der Kommentarfunktion.
Wir treffen uns beim nächsten Lunch-Date wieder.
Deine
Wer noch mehr Karrieretipps von Marina bekommen möchte, findet hier ihre Audio-Kolumnen zu den Themen „Wie wir einen gesunden Abstand zum Job finden können“ und  „Wie wir uns selbst befördern können“
Die Audio-Datei findet ihr zum Download auf unserer „Zum Anhören“-Seite.

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