Verreisen & Natur
Thank you so much
Mein erstes Mal Japan. Tipps für Tokyo und Kyoto.
von Stefanie Luxat - 28.11.2019
Der INOKASHIRA-PARK ist extrem instagrammable. Was ja heute ein wichtiges Kriterium für viele ist. Davon abgesehen ist ein Besuch dort aber auch sehr, sehr, sehr entspannend. Zusammen mit unserer Übersetzerin schipperte ich in dem schönen Schwan-Tretboot quer über den Teich, stieß regelmäßig mit ebenfalls vor Spaß quietschenden Japanern und Touristen zusammen, genossen wir die Ruhe und die letzten blühenden Kirschblüten.
Es war unser erster von zwei Tagen in Tokyo. Und natürlich hatten wir bei so wenig Zeit für so eine aufregende, große Stadt nur wenig ruhige Momente, aber hier, etwas außerhalb von Tokyo, fanden wir einen davon.
Doch vielleicht fangen wir lieber hier an: in Kyoto, 400 km von Tokyo entfernt und von vielen als spirituelles Herz Japans betitelt.
Zum Frühstück gab es in der KISHIN KITCHEN (deren Slogan ist: Japan`s hearty breakfast) traditionelle Misosuppe, aber so eine richtig gute mit – ich habe keine Ahnung! Darin lag das Entspannende auf dieser Reise: Ich verstand nur die Hälfte, wenn überhaupt. Herrlich ist das. Lächeln, nicken und „Thank you so much“ sagen, reicht manchmal völlig. Das waren die Bill Murray-Momente aus "Lost in Translation".
Ein kleiner, feiner Spot, den ich in Kyoto von Herzen empfehle: ein entzückender Hinterhof mit einem gemütlichen Kaffeeladen namens CLAMP COFFEE SARASA (köstlicher Käsekuchen), nebenan ist ein kleiner Concept Store mit Küchensachen, darüber ein Pflanzengeschäft. Eine Oase für Liebhaber von japanischem Design.
Am nächsten Tag ging es mit dem legendären Shinkhansen-Zug nach Tokyo. Bevor der in den Bahnhof einfährt, stellen sich alle ordentlich vor die Eingänge und dann zack, zack, alle einsteigen, hinsetzen, fertig. Da bekommt man als Deutsche Bahn-Fahrerin feuchte Augen vor lauter Organisation und Ordnung.
Schon in Kyoto wurde viel über das TEAMLAB BORDERLESS in Tokyo getuschelt. Das müsse man sehen: das digitale Kunstmuseum, in dem man beim Rundgang Teil der Licht- und Projektionsinstallationen wird. Und tatsächlich: Die Idee ist so simpel und beeindruckend, dass der Ansturm darauf verständlich ist. Gut, auch dieser Ort ist maximal instagrammable, aber das Miteinbezogenwerden in die Installation macht es tatsächlich auch spannend. Wer es so schnell nicht nach Tokyo schafft: Die Ausstellung kommt bald nach Europa, genauer – nach Hamburg in die Hafencity.
Erschien mir Tokyo in Lost in Translation und vielen anderen Filmen, Magazinen, Reiseführern und den Nachrichten immer so riesengroß, wirkt es, als ich da bin, überraschend klein. Was ich besonders mag, sind die Viertel und kleinen Läden außerhalb der klassischen Touri- und Shoppingviertel. So landen wir in den zwei Stadtteilen NAKAMEGURO und DAIKANYAMA, die in der Besonderheit und Modernität der Geschäfte und Restaurants eher an London-Shoreditch, Berlin-Neukölln und die Hamburger Schanze erinnern, nur in sehr, sehr ordentlich.
Hier sind alle ganz entspannt unterwegs, viele junge Leute, kein Shoppingstress, eher wird auf der Straße über Kaffee gefachsimpelt, Veganes und sogar zuckerfreies Eis angeboten, beeindrucken Lokaldesigner in schlicht-schönen Concept Stores. In diesen Vierteln kann man einfach durch die Gegend spazieren und sich alles in Ruhe anschauen. Meine Lieblingsorte dort:
Die drei Geschäfte, die mich besonders begeistert haben:
YES TOKYO bietet frische Smoothies und Lebensweisheiten to go an: „Saying yes makes you healthier“. Stimmt. Der Smoothie war auch gut. Wer mehr Zeit hat: Es werden dort auch Yogakurse angeboten.
SIDEWALK STAND – das mit Grünpflanzen bewachsene Haus fällt zwar durch sein Äußeres auf, bleibt dabei aber herrlich unaufgeregt. Nur ein kleines Holzschild verrät, dass es innen sehr guten Kaffee gibt.
1LDK – dieser Concept Store liegt gleich neben dem Restaurant (siehe unten). Dort gibt es bezaubernd einfache Entwürfe teilweise von Designern aus der Gegend.
Es lohnt sich wirklich, einfach durch die Straßen zu spazieren, die Menschen zu beobachten, sich die außergewöhnlichen Geschäfte (es gibt auch sehr, sehr viele Tierpflegesalons und Hunde in Kinderwagen) und das Leben anzuschauen.
Meine drei liebsten Food-Spots in Tokyo:
BALLON – hier (siehe unten) habe ich die leckerste Falafel meines Lebens gegessen. Ich war so aus dem Häuschen, dass ich das kleine Kioskrestaurant am liebsten nach Hamburg verpflanzt hätte. Auch wegen ihres veganen, zuckerfreien Eises, das ebenfalls göttlich war.
ATELIER FUJJITA 01 – dieses sehr kleine Restaurant mit drei Tischen und sechs Hochstühlen am Tresen hat mich sprachlos gemacht vor Begeisterung. Der Koch zaubert live vor Augen die simpelsten und aufregendsten Kreationen, allerdings ganz unaufgeregt. Zum Nachtisch hatte ich eine Zwiebel. Bitte? Ja, eine süße Zwiebel. Von der träum ich immer noch.
AFURI ist eine kleine Restaurantkette für Ramen. Köstlich und sehr günstig. Davon gibt es mehrere Filialen in der Stadt. Das Restaurant, in dem man einfach am Tresen sitzt, sieht unspektakulär aus von außen, die Ramen (auch die vegetarischen) sind aber sensationell gut.
Gestört wurde die Ruhe in diesen entspannten Vierteln lediglich durch vorbeifahrende kleine Autos, aus denen mit Megaphonen Lokalpolitiker ihre Parolen brüllten, während ihre Werbeplakate oben auf dem Autodach wackelten.
Am Ende gab es dann noch mal die Mischung, die ich auf dieser Reise immer wieder erlebte: Neonlichter, viele Menschen, viel los versus absolute Ruhe in Tempeln. Wir schauten uns noch fix die Haupteinkaufsmeile in GINZA an. Am Wochenende werden die Straßen für Autos gesperrt, sprich, es kann ganz einfach überall geschlendert werden. Wir verbrachten viel Zeit in Geschäften für japanische Handwerkskunst, Papeterie und ich blieb staunend vor einem Koffergeschäft stehen, vor dem sich eine lange Schlange mit Chinesen gebildet hatte. Das sei immer so, erzählte unsere Übersetzerin amüsiert, die Chinesen kämen Extrakoffer kaufen, um anschließend damit Luxusbrands wie Louis Vuitton leerzuräumen. Verrückte Welt.
Anschließend besuchten wir noch kurz den HIE SHRINE. Hier sah ich Geschäftsleute, die für ihre Erfolge beten. Frischvermählte, die nach Segen suchen. Sogar ein Auto wurde mal hier hochtransportiert, weil der Besitzer sich sichere Reisen damit wünschte. Der Glaube ist groß, was dafür alles bewerkstelligt wird, ist beeindruckend.
Abends trafen wir uns mit internationalen Journalisten zum KARAOKESINGEN – das Lied Shallow von Bradley Cooper und Lady Gaga ist in den Karaokeläden sehr angesagt. Irgendwann brüllte auch ich mit.
Noch lieber hörte ich aber all die kleinen Geschichten von unserer Übersetzerin über die beeindruckende, aber auch recht komplizierte japanische Kultur. Ich dachte dabei oft an die Filmemacherin Doris Dörrie, die die Besonderheiten dieser Kultur in ihren Filmen immer wieder so gut einfängt. Unsere Übersetzerin erzählte auch über die Paare, die sich in LOVE HOTELS treffen, weil sie aus Kostengründen noch zuhause bei ihren Eltern leben und wenig Platz für Zweisamkeit haben.
Und dann passierte das, was man sich von einer guten Reise wünscht: Ich möchte gern noch mehr über das Land erfahren, ich werde Fan. Auch, weil sich diese Reise endlich mal wieder nach Eintauchen in eine wirklich andere Welt angefühlt hat. Heute besuchen wir mal eben so ein anderes Land, aber was ist dort dann wirklich anders als zuhause? In Japan ist es eine Menge und das macht wach. Auch wenn man irre gern weiterschlafen würde.
Herzlich

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