Immobilien & Wohnen
Komm se rein, die Haustour
Heute zeigt uns Julie Heitmann ihre Wohnung - ein begehbares Märchenbuch.
von Stefanie Luxat - 28.08.2016
Immer wenn meine Freundin Carolin Samson in Hamburg zu Besuch ist, warte ich darauf, dass in ihrem Instagram-Account ein Bild aus Julie Heitmanns Wohnung auftaucht. Die beiden sind seit ihrem Studium befreundet und Carolin besucht Julie so oft es geht. Wenn man durch ihre Wohnung läuft, fühlt man sich wie in einem begehbaren Märchenbuch. Zu allen Gegenständen gibt es kleine Geschichten. Und es gibt keine klassische Küche, Wohn- und Arbeitszimmer-Aufteilung, irgendwie ist alles Atelier und das macht es sehr spannend.
Ich habe Julie noch nie getroffen, bin aber verliebt in ihre Sammelleidenschaft für Spielsachen, Kunstwerke, Erinnerungen an Kindertage - ach, einfach in ihren Stil, Humor und ihre Kreativität. Seit langem habe ich mir gewünscht, dass Carolin Julie für meine Komm se rein-Haustour gewinnt. Jetzt hat es endlich geklappt. Die schönen Bilder stammen vom Fashion-und People-Fotograf Ralf Bernert und Carolin hat Julie ein paar spannende Fragen gestellt.
Julie Heitmann ist 40, lebt im Hamburger Karoviertel seit 12 Jahren und ist Lehrerin an einer Stadtteilschule, mit großer Leidenschaft für Kunst und Theater. Carolin hat sie für uns interviewt:
Wenn man dich in deiner Wohnung besucht, fühlt man sich ein bisschen wie in einer rosa Seifenblase. Wo der Blick auch hinfällt entdeckt man hübsche kleine Dinge. Püppchen, Kinderschuhe, Kinderscheren und Spielzeug oder Kissen. Dabei wohnt hier nicht mal ein Kind. 
Meine Wohnung ist eine Ansammlung aller Gegenstände, die mich seit Beginn meines Lebens begleiten, jeder einzelne ist mit einer Erinnerung, einer Emotion oder einer kleinen Anekdote verbunden. All das ist ein Teil von mir und von mir nicht trennbar.
Da ich schon seit zwölf Jahren in dieser Wohnung lebe, hat sich sehr viel angehäuft. Zunächst waren die Wände ganz leer und immer ,wenn eine neue Kleinigkeit in mein Leben tritt, wird sie an eine Wand geklebt oder in einen Kasten gesteckt.
Ich selber liebe es, Collagen zu machen. Ein Teil nach dem anderen fügt sich ins Ganze ein und wird zu einem wichtigen Puzzleteil im Gesamtbild. Multiples von Künstlern, Spielsachen aus meiner Kindheit, Zuckerwatte vom Jahrmarkt, Hanteln die ich für meine Gymnastikübungen verwende, aber auch Plastikblumen, Kunstwerke von einer Reise aus Polen, alles ist gleichberechtigt und hat seinen Platz. Meine Wohnung ist vielleicht so etwas wie eine begehbare Collage, die nicht aufhört, sich zu verändern.

„Eine Freundin sagte mal, sie habe den Eindruck, in mir zu sein, als sie meine Wohnung betrat.“ -

Wann hat diese Sammelleidenschaft begonnen?
Einen klaren Zeitpunkt kann ich nicht definieren, da ich mich noch nie gerne von Dingen getrennt habe. Schon als Kind wollte ich nichts wegschmeißen, daher habe ich auch in meiner Wohnung noch Gegenstände aus meiner Kindheit, an denen ich besonders hänge.
Wo findest du all diese Dinge?
Ich suche nicht nach ihnen, sondern sie begegnen mir in meinem alltäglichen Leben. Die silbernen PomPoms zum Beispiel, die habe ich im letzten Jahr mit Freunden auf einem Jahrmarkt gewonnen. Teilweise sind es aber auch Geschenke oder kleine Kunstwerke von meinen Patenkindern und Schülern.
Ist dein Zuhause für dich wie ein Zufluchtsort, in dem du noch Kind sein kannst? Unbekümmert und voller Leichtigkeit, weil dein Berufsleben als Lehrerin in einer Stadtteilschule so knallhart ist?
Ich habe den Eindruck, dass ich gar nicht richtig erwachsen geworden bin, dass ich immer noch ein Mädchen bin. Zum Glück muss ich aber auch in meinem Beruf gar nicht richtig erwachsen sein oder mich gar behaupten. Da ich unter anderem Kunst- und Theaterlehrerin bin, habe ich in meinem Beruf mit Jugendlichen zu tun. Ich verstehe mich durch meine verspielte Art gut mit meinen Schülern, auch wenn ich viel von ihnen fordere.
Du bist gerade 40 geworden, aber so alt fühlst du dich noch nicht oder?
Ich fühle mich in keinerlei als sei ich 40 Jahre alt, die letzten Jahre sind wie im Flug vergangen. Um mir wirklich klar zu werden, dass ich 40 geworden bin habe ich 40 Freunde gebeten, eine kleine Geburtstagparty für mich zu organisieren. Ich hab aber trotz der 40 Aktionen die dann stattfanden, immer noch nicht richtig realisiert wie alt ich wirklich bin.
Ich nehme mein Leben auch gar nicht so ernst. Ich trage kaum Verantwortung, ich tanze immer noch wie ein Kind leichtfüßig und unbekümmert durch das Leben.

„Ich achte darauf, jeden Tag etwas zu tun, was mir Freude bereitet und womit ich das Kindliche in mir ausleben kann.“ -

Das ist großartig. Henri Matisse hat schon gesagt: “Man darf nie aufhören die Welt mit Kinderaugen zu sehen“.
Ja, das ist richtig. Kinder haben einen neugierigen Blick, erforschen ihre Umwelt und können Dinge entdecken, an denen andere vorbeigehen würden. Auch ich schaue meine Realität genauer an, ich bin extrem begeisterungsfähig und kann mich auch über ganz kleine Dinge freuen. Manchmal reicht mir ein schönes Produkt, eine interessante Farbzusammenstellung oder ein lustiger Sticker irgendwo auf den Straßen St. Paulis, um mich für einen Moment sehr zu freuen. Ich lasse mich vor allem schnell von visuellen Impulsen begeistern.
Wie hast du es geschafft, dir dein kindliches Ich so zu bewahren? Und warum denkst du, ist es so wichtig ein Stück weit noch Kind oder im speziellen Mädchen zu sein, egal wie alt man ist?
Meine kindliche Begeisterungsfähigkeit, die Leichtigkeit und Verspieltheit, sind nach wie vor große Teile meiner Persönlichkeit. Sie sind nicht einer erwachsenen Vernunft und Sorgen gewichen. Ich musste bisher keine Verantwortung übernehmen, wurde vom Leben nicht gefordert, habe keine Schicksalsschläge erlitten, daher konnte ich mir mein kindliches Wesen bewahren.
Diese kindliche Sorglosigkeit finde ich wunderbar. Kinder sehen noch keine Probleme und Schwierigkeiten, sie tun einfach das, wonach ihnen gerade ist. Sie machen sich keine Gedanken darüber, was andere über sie denken könnten. Ihnen geht es darum ihre Bedürfnisse zu erfüllen und dabei möglichst viel Spaß zu haben. Sie sind große Vorbilder für mich.
Vielen Dank für das Interview, liebe Julie!
Das Interview führte Carolin Samson.
Fotos - Ralf Bernert

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