1. Ich muss wissen, was mein (Traum-)Leben kostet, nicht nur bis morgen, sondern bis zum Ende.
Die Gedankenwende zum Thema Finanzen kam, als ich begriff: Wenn ich so weiterarbeite, wird das nichts mit meiner Altersvorsorge und auch niemals etwas mit meinem Traum vom Eigenheim. Ich hatte immer von Gehalt zu Gehalt gedacht früher, meine Fixkosten mussten gedeckt werden, meine Eltern hatten mich in der Ausbildung mit einem WG-Zimmer-Zuschuss unterstützt, alles andere musste ich finanziell allein stemmen und wollte möglichst schnell ganz auf eigenen Beinen stehen. Ich wusste immer, wie viel ich zum Leben brauchte, um über die Runden zu kommen, aber größer denken, an meine Träume, an später, davon hatte mir niemand erzählt, dass das sinnvoll sei, oder ich hatte nicht gut genug zugehört. Und so kam ich erst drauf, als es fast zu spät war.
Als zum ersten Mal in meinem Leben mein Zeitkontingent eingegrenzt wurde durch meine zwei kleinen Kinder, merkte ich:
„Wie früher endlos arbeiten geht nicht mehr.“ -
Die Frage war also plötzlich, wie schaffe ich mit dem verringerten Zeitkontingent so viel zu verdienen, wie ich für meine Vorsorge und für meinen Traum, das Eigenheim, als Eigenkapital aufbauen muss? Ich durchleuchtete mit einem Experten meine bisherige Vorsorge, errechnete meine Rentenlücke, legte einen Vorsorge-Sparplan an und sprach mit weiteren Expert*innen, was ich realistisch als Eigenkapital für ein Haus erwirtschaften müsste, und dann stand es fest:
2. Ich kann mir nicht leisten, meine Arbeitszeit unter Wert zu verkaufen.
Nachdem ich vier sehr erfolgreiche Bücher geschrieben hatte, riefen die Verlage der Reihe nach an und fragten, ob ich nicht bitte auch eins für sie schreiben könnte. Erst fühlte sich mein Ego natürlich sehr geschmeichelt, doch dann schaltete sich meine neue innere Finanzdirektorin ein und sagte: „Das geht leider nicht, zu viel Arbeit, zu wenig Honorar, damit erreichst du deine Ziele nicht.“ Also vertagte ich dieses Thema auf später, wenn die Vorsorge auf einem guten Weg ist und das mit dem Haus auch gewuppt.
Bevor die Influencer*innen-Generation bei Instagram an den Start ging und ganz selbstbewusst gute Honorare für ihre Werbeleistung einforderte, arbeiteten die allermeisten Blogger*innen leider überwiegend für umsonst. Mich eingeschlossen. Es gab ein paar Einnahmen durch Werbebanner oder Produktverkauf via Etsy und DaWanda oder bei Journalist*innen wie mir noch durch freie Schreibaufträge für andere Magazine. Dass so viele Blogger*innen bereit waren, ihre Lieblingsprodukte und Geschichten für umsonst zu veröffentlichen, nutzten sehr viele Unternehmen gut gelaunt aus.
„Das war für mich der erste große Gedankenwechsel – für Werbung Geld einzufordern,“ -
und zwar gemessen an vergleichbaren Werten der Branche, und mich nicht abspeisen zu lassen mit etwas Minderwertigem („du darfst das Produkt auch behalten“, „du darfst auch eine Freundin mitbringen ins Hotel/Restaurant/wohin auch immer“).
Der finale und letzte große Gedankenwechsel war dann, unser Magazin im Abo anzubieten. Auf die Zielgruppe zu setzen, die Qualität zu schätzen weiß. Ich sah, dass immer mehr Qualitäts-Onlinemagazine ihren Content in Paid-Bereiche einteilten und dadurch die Bindung zu ihren treuen Leser*innen stärkten, und wagte es dann vor drei Jahren einfach selbst. Es fühlt sich so gut an, wertgeschätzt zu werden für die Arbeit, damit auch andere Autor*innen, die vielen freien Mitarbeiter*innen finanziell wertschätzen und das eigene Angebot weiter ausbauen zu können. Eine Win-win-win-Situation für alle.
3. Ich kann andere überzeugen, in mich zu investieren.
Als ich nach meiner Ausbildung in der Werbeagentur Jung von Matt die Idee hatte, eine Zusatzausbildung im Bereich Public Relations zu machen, fehlten mir dafür die finanziellen Mittel. Die recht teure Schule war in München, ich mittlerweile Pressesprecherin von Jung von Matt in Hamburg, allein die Reisekosten wären ein Batzen. Doch dann stellte ich mir die entscheidende Frage:
„Wer würde außer mir von meinem erweiterten Wissen profitieren?“ -
Genau: mein Arbeitgeber. Also baute ich eine Präsentation mit allen Vorteilen und wie ich die Weiterbildung wuppen würde, ohne meinen Job zu vernachlässigen, wenn sie das Finanzielle übernehmen würden. Ich bekam die Zusage sofort und lernte für immer: Anderen ihre Vorteile aufzuzeigen, kann einen selbst oft sehr viel charmanter ans eigene Ziel bringen.
4. Ich arbeite nicht mit Personen, die unsere Arbeit nicht wertschätzen, und verhandle Honorare, die Spaß machen.
Alle paar Monate geraten wir im Job an eine sehr unangenehme Person aus PR-Agenturen oder auch bei Werbekunden. Die goldene Regel bei uns heißt: Ciao Kakao. Wir bringen den Job professionell zu Ende, aber danach nehmen wir keinen neuen mehr von dieser Person an. Lieber suchen wir uns eine andere Möglichkeit, Geld zu verdienen.
Da viele Frauen nach wie vor in Gehalts- und Honorarfragen auch noch zu gering verhandeln,
„mein Tipp: immer noch ein bisschen auf die Wunschsumme drauflegen.“ -
So viel, dass man denkt: „Das ist doch jetzt eigentlich ein bisschen zu viel, oder?!“ Ist es meist nicht. Aber so macht es gleich viel mehr Spaß.
5. Was möchte ich lieber: Ruhm, Rücken oder Freizeit?
Der größte Luxus, den ich mir neben meiner Altersvorsorge und dem Abbezahlen des Eigenheims jetzt noch gern leisten würde, ist Freizeit. An dem Thema bin ich seit Jahren dran. Zeit für mich, Zeit für meine Familie, Zeit für Projekte, die kein Geld bringen müssen, aber mein Herz hüpfen lassen – sei es ehrenamtliche Arbeit oder ein weiteres Buch. Doch der Luxus Freizeit muss hart verteidigt werden. Vor allem vorm Ego.
Als mein Endlich Om-Podcast erfolgreich wurde, hatten plötzlich sehr viele Menschen Interesse daran, ihn noch erfolgreicher und finanziell ergiebig zu machen. Als ich das Abo launchte, standen kurz darauf Investor*innen auf der Matte und sagten, sie würden mein Unternehmen gern finanziell unterstützen, ich solle einfach sagen, welche Summe ich für den Ausbau bräuchte. In beiden Situationen fragte ich mich, was ich von all dem hätte. Natürlich könnte man den Podcast hochleveln, genau wie das Abo. Ich hätte dazu auch viele Ideen, die Frage ist nur, ob es mein Leben angenehmer oder unangenehmer machen würde.
„Fest steht: Hochleveln geht nur mit Freizeitverlust.“ -
Die Kinder weniger sehen, die Paarbeziehung auf die Probe stellen, vieles verpassen und höchstwahrscheinlich Rückenschmerzen, weil kaum noch Zeit für Sport. Ich hab in den Jahren, seitdem ich mich intensiver mit meinen Finanzen beschäftige, gelernt, die Dinge zu Ende zu denken. Und ich weiß, dass das aktuelle Level der Herausforderung für mich so gut ist. Mehr möchte ich nicht. Lieber mehr Freizeit. Wenn so alles weiterläuft, bin ich mehr als zufrieden.
Also frage ich mich bei Anfragen grundsätzlich: „Was habe ich davon? Bringt es mich einem meiner Ziele näher oder nicht?“ Und wenn das Ego dann sagt: „Aber es wäre doch jetzt schon schick, in dem und dem Podcast zu Gast zu sein oder wenn der oder die einen Artikel über dich schriebe ...“, dann frage ich mich selbst: „Aber wäre es nicht auch schön in der Zeit, die dich das kostet, einfach in der Sonne zu sitzen und zu lesen? Mit deinen Kindern zu spielen, zu gärtnern oder einfach herrlichst zu knutschen?“
Jetzt bin ich gespannt, was ihr in den letzten Jahren übers Geldverdienen gelernt habt, und freu mich auf eure Kommentare. Ihr könnt auch sehr gern noch Fragen stellen, wenn euch gewisse Aspekte fehlen. Dann versuch ich die in den Kommentaren zu beantworten oder bündle sie in einem weiteren Artikel.
Herzlich