Amerikanische Forscher*innen haben sowas wie eine Untreue-Skala für Finanzen entwickelt. Dabei geht es nicht nur um das Verheimlichen von hohen Ausgaben (die Frau, die teure Einkäufe vor dem Mann versteckt), sondern viel schwerwiegender: versteckte Konten (35 Prozent der Befragten), erhebliche Schulden (23 Prozent), unbezahlte Studiendarlehen (8 Prozent) oder schlechte Kreditwürdigkeit (8 Prozent).¹ 41 Prozent haben in einer Umfrage zugegeben, den*die Partner*in absichtlich finanziell getäuscht zu haben. In drei von vier Beziehungen kamen solche Täuschungen ans Licht und führten auch zum Beziehungsende.² Das bedeutet unterm Strich, dass fast jede dritte Beziehung an finanzieller Untreue scheitert.
Vermutlich hatten diese Personen aber noch Glück im Unglück.
„Andere Frauen wiegen sich ihr Leben lang in finanzieller Sicherheit, bis es zu spät ist.“ -
So geben in einer internationalen Studie 74 Prozent aller Ex-Frauen und Witwen an, nach Tod oder Scheidung vom Ehemann eine negative finanzielle Überraschung erlebt zu haben.³ 74 Prozent! Dabei konnten die Überraschungen unterschiedlich aussehen: Es gab Frauen, die sich ihr Leben lang um Haushalt und Kinder gekümmert hatten und dachten, sie wären im Alter finanziell abgesichert, nur um dann festzustellen, dass es nie eine Altersvorsorge für sie gegeben hatte.
Oder finanziell gut betuchte Frauen, die ihrem erfolgreichen Mann ein Leben lang den Rücken freigehalten hatten, dann jedoch gegen eine jüngere Frau ausgetauscht wurden und plötzlich feststellen mussten: Das Geld ist weg. Denn während sie noch dachte, sie würde sich in einer loyalen und sicheren Beziehung befinden, hatte er einen Wissensvorsprung und genügend Zeit, das Vermögen wegzuschaffen, um ihr nichts mehr vom Kuchen abgeben zu müssen. Das sind keine ausgedachten Geschichten, sondern echte Fälle, die ich immer wieder aus erster Hand erfahre.
Nicht immer dürfen wir in all diesen 74 Prozent der Fälle jedoch den Männern die Schuld geben. Denn oft steckt auch einfach nur Unwissenheit und Überforderung dahinter. Viele Frauen gehen einfach davon aus, dass der Mann es schon macht – und zwar gut macht. Als ich vor einigen Jahren in Hamburg einen Award für Fortunalista verliehen bekommen habe, kam nach der Veranstaltung ein Mann auf mich zu und fragte mich: „Sag mal, was kann ich denn tun, damit sich meine Freundin auch für Finanzen interessiert? Ich versuche ihr immer wieder zu erklären, dass wir uns gemeinsam darum kümmern sollten, aber sie will nichts mit dem Thema zu tun haben. Die ganze Verantwortung für unser Geld lastet allein auf meinen Schultern.“
Ich war, um ehrlich zu sein, vollkommen perplex, da ich noch nie über diese Sichtweise nachgedacht hatte: Auch Männer wollen nicht immer die gesamte Verantwortung für das gemeinsame Geld übernehmen, aber sie fühlen sich durch traditionelle Rollenbilder dazu verpflichtet. Dabei wissen Männer natürlich auch nicht immer, was sie tun müssen, und treffen immer wieder falsche Entscheidungen. Ein Grund mehr, warum Frauen Geld zu einem Beziehungsthema machen sollten.
„Egal wie der Beziehungsstatus ist – jede*r sollte sich um sein und das gemeinsame Geld kümmern.“ -
Doch genau hier entwickeln wir uns aktuell wieder zurück in die Zeit, als Frauen laut Werbung nur zwei Fragen beschäftigten: „Was koche ich heute?“ und „Was zieh`ich an?“ 60 Prozent der verheirateten Frauen in Deutschland geben an, dass sie die langfristige Finanzplanung ihrem Partner überlassen. Besonders unter Millennials ist diese Tendenz noch stärker ausgeprägt.4 Das heißt, gerade junge Frauen überlassen diese Planung ihrem Partner, weil sie glauben, dass sie selbst davon nichts verstehen und Männer sich beim Thema Geld einfach besser auskennen.
Doch Studien widerlegen diese Annahme immer wieder und zeigen, dass Frauen an der Börse eine höhere Rendite erzielen als Männer. Das zeigt sich sogar bei professionellen Fondsmanager*innen. In gemischten Manager-Teams wird sogar eine um 1 Prozent höhere Rendite erzielt als in reinen Männer-Teams.5 Warum sollten wir die Ergebnisse aus den Studien nicht auch für unser Privatleben nutzen?
Finanzen gemeinsam organisieren.
Wenn Paare zusammenziehen oder spätestens wenn Kinder dazukommen, stellt sich die große Frage: Wie organisieren wir unsere Finanzen? Für viele erscheint ein Gemeinschaftskonto zunächst die beste Wahl, doch das ist auch mit vielen Tücken verbunden und kann schnell zu Streitigkeiten führen: Was darf man nun vom gemeinsamen Geld kaufen? Welche Ausgaben sind angemessen? Plötzlich streitet man sich wegen des teuren Steaks, das er sich gegönnt hat und das sie als Vegetarierin nicht mag, oder wegen der 30 Euro teuren Duftkerze, die er total überflüssig findet.
Das ist nicht nur nervig, Streitereien über solche Alltagsausgaben überschatten die viel wichtigere Frage: Wie sorgen wir beide vor?
1. Gemeinsam über Geld sprechen:
Der erste und wichtigste Schritt ist, gemeinsam mit dem*der Partner*in über Geld zu sprechen. Dabei müssen es nicht gleich die für viele unangenehmen Themen Einkommen, Schulden und Vermögenswerte sein. Als ich meinen Partner kennenlernte, hat er bereits in Aktien investiert, aber sich nicht für ETFs interessiert. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich auch noch nichts davon. Kurze Zeit später bin ich auf ETFs aufmerksam geworden, habe Bücher dazu verschlungen und ihm immer wieder begeistert davon erzählt, was ich Neues darüber gelernt habe.
Ich erinnere mich noch, wie wir auf mein erstes Aktiendepot angestoßen haben. Von Anfang an habe ich ihn auf meiner Reise mitgenommen, und da auch unsere Beziehung gerade am Anfang stand, gehörte der Austausch über Anlageprodukte, aber auch die eigene finanzielle Situation, immer mit dazu.
„Dadurch können Paare nicht nur voneinander lernen und gemeinsam wachsen, sie bauen auch Vertrauen zueinander auf.“ -
Finanzielle Untreue? Nie mehr!
2. Gemeinsame Ausgaben strukturieren:
Um gemeinsame Ausgaben zu strukturieren, haben sich bisher zwei Modelle bewährt: Bei Variante 1 nutzt man ein Gemeinschaftskonto, auf das beide Partner*innen einen festgelegten Betrag einzahlen. Von diesem Konto gehen dann alle gemeinsamen Ausgaben ab. Dabei muss man als Paar mit ungleichem Einkommen klären, ob man eine gleich hohe Summe einzahlen möchte oder ob diese proportional vom Einkommen abhängig sein soll.
„Dabei gibt es kein Richtig oder Falsch – jedes Paar muss dies für sich selbst ausdiskutieren, aushandeln und entscheiden.“ -
Variante 2 ist vor allem für all diejenigen Paare geeignet, bei denen ein*e Partner*in die Arbeitszeit kürzt, um sich um Haushalt und Kinder zu kümmern, während der*die andere weiterhin in Vollzeit arbeitet: das 3-Konten-Modell.
Es funktioniert nach dem Prinzip: Beide Gehälter landen auf einem Gemeinschaftskonto. Von hier aus werden alle gemeinsamen Ausgaben bezahlt: Miete, Lebensmittel, Ausgaben für den Haushalt und Kinder etc. Die Summe, die übrig bleibt, wird in zwei gleich großen Teilen auf die jeweils persönlichen Konten beider Partner*innen überwiesen. Was damit gemacht wird, bleibt jedem*jeder selbst überlassen: Shopping-Touren, Investitionen, private Altersvorsorge. Das alles entscheidet jede*r für sich.
Für viele mag das auf den ersten Blick unfair erscheinen: Wieso soll denn der*die Partner*in, der*die vierzig Stunden lang arbeiten geht und sich eine Karriere aufgebaut hat, am Ende nur noch einen Bruchteil des Gehaltes bekommen? Die Antwort ist ganz einfach: Weil die andere Person unbezahlte Arbeit verrichtet, für die beide verantwortlich sind, in der Zeit weniger Geld in die Rentenversicherung einbezahlt und außerdem Gehaltseinbußen für die Familie auf sich nimmt.
Unabhängig von der Variante gilt:
„Bleibt ein Elternteil zuhause, muss man als Paar klären, wie man diese finanziellen Einbußen auffangen kann.“ -
Ganz wichtig dabei: Die Altersvorsorge muss über jede Person individuell laufen!
3. Getrennte Altersvorsorge:
Ist das Thema Finanzen auf dem Tisch und hat man eine Lösung für die finanzielle Organisation des Alltags gefunden, ist schließlich noch das Thema Altersvorsorge dran. Unumstößlich dabei ist: Jede Person braucht eine Altersvorsorge!
„Denn egal wie groß die Liebe ist, die Altersvorsorge muss individuell auf die persönlichen Vorlieben zugeschnitten werden.“ -
Paare vergessen vor lauter Romantik oft, dass es nicht immer nur eine Trennung ist, die für finanzielle Probleme sorgen kann. Die Berufsunfähigkeit oder der frühe Tod eines*einer Partners*Partnerin können ganze Familien in eine finanzielle Schieflage reißen.
Verhandlungen gehören eben nicht nur an den Arbeitsplatz, auch in der Beziehung muss man miteinander sprechen und sich einigen, wie man die finanzielle Absicherung der Person gewährleisten kann, die finanziell und gleichzeitig sozial zurücktritt.
Drei Fragen, die sich Paare stellen sollten:
- Wie stellen wir uns unser Leben vor und wie kann uns Geld dabei unterstützen?
- Wie wollen wir zusammenleben, unseren Haushalt organisieren und unsere Finanzen überblicken?
- Würden wir unserer Arbeit nachgehen, wenn wir das Geld nicht bräuchten? Wenn nein, wie können wir uns unterstützen, das zu ändern?
Das lässt sich auch bei einem gemeinsamen Dinner besprechen und kann sogar richtig Spaß machen, schließlich geht es um die Planung unseres Lebens.
Viel Erfolg dabei!
Margarethe
Dieser Beitrag ist ein exklusiver Auszug aus dem Buch „So wirst du finanziell frei – 13 clevere Geldstrategien erfolgreicher Frauen“ (Piper Verlag) von Margarethe Honisch, in dem sie noch mehr Finanztipps gibt und spannende Frauen wie Verena Pausder, Franzi Kühne, Diana zur Löwen und noch einige mehr zu Wort kommen lässt.
Quellen:
¹ Emily N. Garbinsky, Joe J. Gladstone, Hristina Nikolova, Jenny G. Olson: „Love, Lies, and Money: Financial Infidelity in Romantic Relationships“, in Journal of Consumer Research, Volume 47, Issue 1, Juni 2020, S. 1 bis 24
³ UBS Investor Watch: „Ihr Vermögen in Ihren Händen“
5 Lothar Gries: „Geschickter, aber in der Minderheit“, tagesschau.de, 8. März 2021