Liebe, Beziehung & Sex
Vierer aus Versehen
Unsere Autorin hatte ein aufregendes Sexabenteuer mit drei anderen.
von Elena Fuchs - 01.04.2022
Als ich letzten Freitag auf der netten, harmlosen Party in der Wohnung einer Freundin ankomme, habe ich keine Ahnung, dass ich mich nur vier Stunden später in einer ganz anderen Wohnung dieser Stadt befinden werde – mit der Hand zwischen den Beinen einer mir bis dahin unbekannten Frau ... und zwei weiteren Männern, die mir dabei zusehen. Im Laufe des Abends habe ich mich selbst mehrmals gefragt, wie das alles passieren konnte, und auch wenn ich nicht weiß, ob es die Sache wirklich erklärt, folgt hier nun die Chronologie der Ereignisse.
Es ist also 18.00 Uhr, als ich auf dieser Party ankomme. Allein das. Eine Party. Nicht besonders groß – aber mehr als alles, was wir alle in den letzten Monaten gewöhnt waren. Trotzdem merkwürdig vertraut. So, wie nette, aber unspektakuläre Partys aussehen, wenn man 41 wird und froh ist, überhaupt ein paar Leute einladen zu können. Es gibt Kürbissuppe für die Gäst*innen und jede Menge Bücher für die Gastgeberin. Und dann gibt es da noch einen Mann, den ich kenne und mit dem ich ab und zu schlafe. Ich hatte nicht gewusst, dass er hier sein würde. Eine Weile kreisen wir umeinander her, halten Smalltalk mit anderen. Tun so, als wüssten wir nicht ganz genau, wo exakt sich der andere gerade befindet. Irgendwann treffen wir uns in der Küche. Er müsse gleich wieder los. Er schaut mich bedauernd an. „Ich treffe das Paar“, sagt er. Und dann fragt er noch, ob ich mitkommen will. Ich weiß, von welchem Paar er spricht. Er trifft sie ab und zu, sie haben Sex zu dritt, es geht schon eine Weile so, und anscheinend geht es gut. So genau weiß ich es allerdings nicht, ich war nie dabei.
Und jetzt, auf dieser harmlosen, kleinen Party fragt er mich, ob ich es will. Dabei sein. Ich blicke mich um, überall unschuldige, fröhliche Menschen, die Kürbissuppe auf den Knien balancieren. Es ist circa 18.40 Uhr, als ich beschließe, Ja zu sagen. Ich werde 2022 40 Jahre alt. Ich bin endlich und frisch und glücklich geschieden. Ich will was erleben. Und wenn das vorher ein bisschen Mut erfordert, sollte ich den verdammt noch mal aufbringen können.

„Angst haben kann ich später noch, sage ich mir.“ -

Und weiß noch nicht, wie viel Angst ich nur kurze Zeit tatsächlich haben werde. Wir verabschieden uns von der Gastgeberin. Wir verlassen eine Party, von der man ziemlich genau weiß, wie sie weitergehen wird, und fahren auf eine Party, von der man es überhaupt nicht weiß. „Ich bin nicht rasiert“, sage ich auf dem Weg. Der Mann nimmt meine Hand. „Ich leih dir was.“ – „Aber wenn es zwischen uns nicht passt?“, frage ich. „Dann nimmst du ein Taxi und fährst zurück zur Party.“ Aus seinem Mund klingt es tatsächlich einfach.
Als wir um 19.15 Uhr bei ihm zuhause ankommen, brauche ich Alkohol. Und der Mann zaubert, das weiß ich wirklich zu schätzen, eine Flasche Champagner hervor. Es mag abgehoben klingen, aber dass wir uns jetzt nicht wie die Teenager mit Cuba Libre betrinken müssen, erleichtert mich sehr. Wann denn Champagner, wenn nicht jetzt? Noch ein Glas bitte. Unter der Dusche dann bin ich kurz allein – und komme ins Nachdenken. Was um Himmels willen tue ich hier? Hätte ich das Angebot ablehnen sollen? Aber wenn ich die Zeit jetzt um zwei Stunden zurückdrehen und wieder mit ein paar anderen 40-Jährigen Kürbissuppe essen könnte, wäre das auch nicht das, was ich will. Vor dem Spiegel schminke ich mir die Lippen noch einmal, mein Herz schlägt laut. Dann ziehe ich mich wieder an und setze mich aufs Sofa, während meine Affäre Kerzen anzündet und den Tisch deckt. Anscheinend denkt er, ich wäre tatsächlich in der Lage, gleich noch etwas zu essen. Kurz darauf schon klingelt es. Sie sind da.

„Mein laut schlagendes Herz versinkt in der Sofaritze.“ -

20.00 Uhr. Als die beiden das Wohnzimmer betreten, fühle ich sofort: Erleichterung. Ganz normale Menschen, nett sogar. Was habe ich denn gedacht, wer da kommt? Sexmonster, die mir sofort die Klamotten vom Leib reißen? Bevor irgendwas passiert, machen wir alle gemeinsam noch einen Coronatest, obwohl ich eigentlich auch schon vor der Party einen gemacht habe. Das könnte ich wahrscheinlich einfach sagen – alles, was in diesem Raum in den nächsten Stunden passieren soll, wird ja schließlich auch auf Vertrauen beruhen. Ich sage es aber nicht, teste mich noch mal. Und allein diese gemeinsame Handlung fühlt sich schon merkwürdig verschwörerisch und irgendwie illegal an. Als ob wir uns keine Wattestäbchen, sondern Geldscheinrollen voller Koks in die Nasen stecken. Tun wir nicht, es wird an diesem Abend keine Drogen geben, aber es gibt noch mehr Champagner.
Eine Viertelstunde später setzen wir uns gemeinsam an den Esstisch. Würde jetzt jemand reinkommen, er würde einen ganz normalen Pärchenabend vermuten. Unsere Gespräche allerdings sind nicht ganz so normal. Ob sie das schon mal gemacht haben, frage ich. Der fremde Mann nickt. Und sagt dann etwas wahnsinnig Sympathisches: „Es ist aber immer wieder aufs Neue aufregend. Letztes Mal habe ich vor Aufregung tatsächlich keinen hochgekriegt.“ Und dass er das so sagt, ehrlich und verletzlich und gleichzeitig lachend, entspannt mich auf eine fast körperlich spürbare Weise. Keiner hier ist cool – man muss noch nicht mal so tun, als ob man es wäre.
Gegen 22.00 Uhr rutschen wir ein bisschen auf unseren Stühlen herum und mir wird klar, dass sich ein Vierer nur schwer entwickeln kann, wenn alle getrennt voneinander um einen Esstisch sitzen. Ob wir nicht aufs Sofa umziehen wollen, fragt meine Affäre. Wollen wir. Und dann sitzen wir plötzlich da. Wie geht es jetzt noch mal weiter? Ach ja, es gab ja kein schon mal. Noch ein bisschen Unterhaltung, noch ein bisschen Champagner. Und dann tun wir das Naheliegende. Meine Affäre und ich beginnen zu knutschen und die beiden anderen tun es auch. Der nächste Schritt ist einfach und naheliegend und eigentlich klein, aber trotzdem groß, denn er überwindet eine Grenze.

„Ich nehme die Hand der Frau. Es geht los.“ -

Ich vergesse die Zeit. Irgendwann knutschen wir nicht mehr nur, wir schlafen mit den Männern. Immer noch auf dem Sofa, immer noch Hand in Hand. Erst im Nachhinein wird mir klar werden, wie verbindend und gut diese haltenden Hände zwischen uns Frauen waren, fast schwesterlich halten wir uns, und auch ein bisschen aneinander fest. Und gleiten so fast umstandslos hinein in das, was man wohl einen Vierer nennt. Die Dinge auf dem Sofa verschieben sich, plötzlich hält mir jemand die Augen zu, und dann sind da verdammt viele Hände. Es ist ein seltsames Gefühl, wenn man nicht mehr zuordnen kann, wer einen gerade wo genau berührt. Irgendwann sind meine Finger in der Frau. Keine Ahnung, was ich da tue. Sie fühlt sich anders an, als ich mich selbst anfühle, und mir wird bewusst, wie viele Männer ich in meinem Leben schon angefasst habe – und wie wenig Frauen. Meine Affäre hilft mir. Und das, muss ich sagen, ist eines der besten Gefühle dieses Abends: Gemeinsam eine Frau auf diese Art anzufassen hat etwas sehr Verbindendes. Es macht uns zu Komplizen. Ich spüre jedenfalls keine Eifersucht, als der Mann, mit dem normalerweise ich schlafe, nur kurz darauf in diese andere Frau eindringt. Im Gegenteil, ich bin dabei. Und ich bin sehr nah dran.
Ich weiß nicht genau, wie sich das hier anfühlen würde, wenn echte Emotionen im Spiel wären, einfacher würde es die Sache wohl nicht machen.

„Was es definitiv einfach macht, ist, dass wir Frauen in keinster Weise Rivalinnen sind.“ -

Immer wieder an diesem Abend nehme ich ihre Hand, wir küssen uns, wir sagen einander, wie gut wir uns finden. Wir Frauen sind die Brücke, durch uns sind alle miteinander verbunden. Ich habe keine Ahnung, wie andere Vierer normalerweise so ablaufen, aber ich halte das Vorgehen in unserem Fall für ziemlich perfekt.
Was mir ebenfalls auffällt und die Sache begünstigt: Auch die Männer sind nett zueinander. Sie werden nicht wirklich intim, aber sie haben auch keine Angst vor Berührungen, keine Angst vor dem anderen Schwanz. Genau wie wir Frauen wirken sie fast geschwisterlich, konkurrenzlos miteinander. Und so verschmelzen wir alle zu einer wohlwollenden, zärtlichen und gleichzeitig perversen Kette.
Nach einer gefühlten Ewigkeit fragt jemand nach einer Pause. Wie auf Befehl lösen sich die Glieder unserer Kette auf. Wir sind wieder vier einzelne Menschen. Wir sehen uns an und es ist kurz unangenehm, als wären wir gemeinsam aus einem peinlichen Sextraum erwacht. Was haben wir getan? Aber dann macht einer einen Scherz, das unangenehme Gefühl löst sich in Luft auf. Wir trinken noch etwas, fangen an, uns zu unterhalten – und dann ist die Sache vorbei. Die sexuelle Energie verlässt den Raum, als würde sie jetzt woanders gebraucht. Ich schaue auf die Uhr. Es ist halb fünf.

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