Reise & Städte Tipps
Nur noch hierhin
Meine schlimmsten Urlaubsfails und wo ich jetzt Ferien mache.
von Stefanie Luxat - 01.07.2021
Die Audiodatei findet ihr am Ende des Textes.
         
Früher fand ich Menschen, die immer an die gleichen Orte in den Ferien fahren, skurril. Was für Langweiler*innen, dachte ich. Dieses Jahr kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, als im Altbekannten zu urlauben. Aufregung hatte ich in den letzten Monaten genug, schief ging auch einiges, eine gewisse Langeweile beziehungsweise Routine klingt herrlich entspannend. Ich geh dieses Jahr lieber auf Nummer sicher und nächstes Jahr, ja, nächstes Jahr dann gern wieder mehr Abenteuerlust.
Apropos schiefgehen: Im Juni-Buchclub mit Autor Max Küng sprachen wir auch darüber – Urlaube stehen unter wahnsinnigem Erfolgsdruck. Sie kosten viel Geld. Man macht sich vorher fix und fertig, damit im Job alles läuft, wenn man weg ist. Wäscht, packt, reist an, packt aus und dann, dann soll bitte alles ganz wunderbar werden. Totale Erholung, totaler Frieden, fantastische Bilder – genau, Urlaub ist auch immer ein Stück Utopie.
Dabei ist alles, was schiefgeht, nachher viel lustiger zu erzählen. Die Betonung liegt auf im Nachhinein. Denn das, was wir erlebt haben, war damals in Echtzeit nur bedingt lustig und ich möchte es lieber nie wieder erleben. Hoffentlich erheitert es euch:

Der Nachbar ist immer der Mörder, auch in Schweden.

Diese Geschichte ist so peinlich, dass ich sie meinem Freund Dirk erst fünf Jahre später erzählen konnte. Dirk vermietete uns vor elf Jahren sein Ferienhaus in Schweden. Mitten im Wald. Es klang so romantisch für mich und meinen Mann, noch ohne Kinder. „Es ist da herrlich einsam“, sagte Dirk. „Der einzige Nachbar ist Schrottlasse, der ist etwas skurril.“
Kurz darauf peitschten die Äste im Wald mitten in der Nacht, als wir ankamen, unsere Autofenster aus. Es war stockdunkel und ich fragte den Anwalt bestimmt hundertmal: „Sind wir hier richtig?“ Es fühlte sich an, als wären wir in einem Horrorfilm und würden unserem Mörder in die Arme fahren. Irgendwann steckte einer der Reifen fest.

„Ich schrie: „Es reicht! Ich will in ein Hotel!““ -

Wir fuhren ins nahe gelegene Stockholm und checkten morgens um zwei Uhr im Hotel ein. Und dabei blieb es nicht in diesem Urlaub, ganz im Gegenteil.
Am nächsten Morgen wagten wir einen neuen Versuch und alles klappte. Wir kamen an dem tatsächlich etwas skurril wirkenden Hof von Schrottlasse vorbei, bogen links ab, wo Dirks kleiner Sommerhaustraum lag. Tagsüber sensationell erholsam. Nachts saß ich kerzengerade im Bett und hielt den Anwalt vom Schlafen ab. Bei jedem noch so kleinsten Geräusch sah ich Schrottlasse uns umbringen. Wir packten mitten in der Nacht alle Sachen und zogen wieder ins Hotel. Und wieder. Und wieder. Und wieder. Tagsüber besuchten wir oft das Haus, mähten den Rasen, lagen in der Sonne. Aber abends floh ich vor Schrottlasse. Vielleicht saß mir der Einbruch bei uns zuhause an Weihnachten noch in den Knochen, wer weiß, was da los war. Das einzig Beruhigende war: Am Ende des Urlaubs fragte mich der Anwalt, ob ich ihn heiraten würde. Nach! All! Den! Nächtlichen! Fluchtfahrten! Da wusste ich: Diese Liebe kann nicht mal Schrottlasse töten.

Die langweiligsten Flitterwochen der Welt. Die laaangweiligsten!

Als wir vor elf Jahren geheiratet haben, hatte ich gerade einen neuen Job in einem großen Medienhaus angefangen. Meinen ersten als Führungskraft und ich sollte direkt weiterbefördert werden nach meinen Flitterwochen. So irre pflichtbewusst, wie ich damals war, dachte ich eher ans Funktionieren als ans Flittern. Ich schlug meinem Mann vor, dass wir einen schönen Spa-Urlaub machen könnten, uns in der Nähe maximal erholen, statt ferne Abenteuer zu suchen. Er versuchte noch anzumerken, dass zehn Tage eine sehr lange Zeit in einem Spa-Hotel seien, es etwas langweilig werden könnte, aber ich war nicht umzustimmen.
Es wurde unfassbar langweilig. Unfassbar. Wir kannten irgendwann jeden Millimeter dieses Luxus-Spa-Hotels namens „Die Bleiche“ auswendig. Wir konnten die Sätze der Mitarbeiter*innen voraussagen, waren überall lang gejoggt, hatten alles Mögliche im Bett ausprobiert, auf der Massageliege, Spreewaldgurken gegessen, Kanutouren gemacht. Jeder Omma eine Postkarte geschrieben.

„Wir hatten jeder Fruchtfliege am Obstbuffet einen Namen gegeben.“ -

Es war sooo langweilig.
Irgendwann, wir hielten natürlich immer Ausschau nach Ablenkung, fuhr ein Oldtimer aufs Gelände. Schon aus der Ferne ahnten wir, es würde endlich etwas passieren. Das Topmodel Nadja Auermann kam mit Freund*innen übers Wochenende zum Feiern. Wenn ich mich richtig erinnere, heirateten zwei von ihnen dort. Ab da mutierten wir zu den schlimmsten Stalkern. Am liebsten hätten wir sie direkt gefragt: „Können wir bitte eure Freunde sein? Jetzt sofort? Lasst uns doch bitte mitfeiern!“ Aber einen Hauch Reststolz hatten wir noch. Also verfolgten wir sie und alles, was sie Aufregendes taten, heimlich.
Fast wären wir aufgeflogen. Wir hatten sie gerade in den Badebereich verfolgt, wo nicht nur das Wasser, sondern auch viel Champagner floss, und ich suchte mir den besten Platz zum Spionieren auf einer Empore aus, als sich die Tür öffnete. Ich wollte gerade sagen: „Schatz, von hier aus kann man die so sensationell gut beobachten!!!“, als Nadja Auermann vor mir stand. „Ist hier noch frei?“, fragte sie und deutete auf eine Liege. Ich antwortete mit einem knallroten Kopfnicken. Und tat so, als sei ich ganz gelangweilt von der Gesamtsituation. Und was tat sie? Schnarchen.

Und dann war da noch ...

... der Ägyptenurlaub mit meiner Freundin Ulla mit Anfang zwanzig. Wir dachten, es gäbe Bettwanzen, und bauten uns jeden Abend aus Frischhaltefolie einen Helm zum Schlafen. Auf Borkum lag in der Ferienwohnung gebrauchte Unterwäsche in unseren Betten. Als frisch gebackene Zweifacheltern reisten wir ganz nach Lanzarote mit unseren Kindern, die seit Monaten kaum schliefen, und freuten uns auf Sonne und Kinderbetreuung. Was unsere Kinder beides um ihr Leben schreiend verweigerten.

Jetzt machen wir hier Urlaub: als Hausbesitzer in Dänemark.

Im Sommer vor Pandemiebeginn, 2019, wagte ich zum ersten Mal ein Airbnb-Abenteuer. Mein Mann fand ein Haus in Kopenhagen von einer Familie mit Kindern in unserem Alter und die Einrichtung, einfach alles schien genau unserem Geschmack zu entsprechen. Als wir ankamen, war alles sogar noch so viel besser als gedacht. Wir fühlten uns wie Hausbesitzer, den Traum hatten wir aufgrund der Immobilienmarktsituation in Hamburg begraben, aber jetzt durften wir ihn zumindest für zwei Wochen leben. Die Kinder drehten durch vor Freude über das Spielzeug ihrer Altersgenossen und es wurde einer der schönsten Urlaube unserer bisherigen Zeit als Familie.

„Schönes wiederholen zu wollen, kann schnell schiefgehen.“ -

Oft reicht die Kopie nicht an das Original. Wir wagen es trotzdem noch mal und sind zwei Wochen im Juli wieder in diesem Haus. Und ganz vielleicht wird das, was wir dort in diesem Haus vor zwei Jahren beschlossen – es noch mal mit unserem Traum vom Eigenheim zu versuchen –, im Anschluss wahr. Wir sind so nah dran wie noch nie zuvor. Mehr kann ich leider noch nicht sagen. Außer: Drückt uns bitte die Daumen, dass es nicht schiefgeht. Es gibt schon jetzt genügend Verrücktes dazu zu erzählen.
Herzlich
     
Die Audiodatei gibt es hier zum Download.

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