Secondhandläden und ich mochten uns bisher nicht wirklich. Ich war geprägt von den ausgeleierten Kinderklamotten, die mir meine Cousine vererbte und hatte, wenn ich an einem Vintage-Store vorbei ging, sofort diesen typischen Geruch von feuchtem Keller und Mottenkugeln in der Nase.
Fabian Hart sieht das anders. Er ist Modejournalist (u.a. "Das neue Blau“ auf vogue.de), Styling-Coach in der TV-Show "Queer 4 you" (gibt`s in der
ARD-Mediathek), Dozent an der Akademie Mode & Design (AMD) – und nicht nur Liebhaber des Stilbruchs, sondern auch von Secondhandklamotten.
Um mir zu beweisen, wie gut Klamotten aus zweiter Hand sein können, haben wir uns gemeinsam auf Schatzsuche begeben. Während wir uns durch die Kleiderständer des "Pick & Weight"-Stores in der Hamburger Sternschanze wühlen, verrät Fabian, wie man Fehlgriffe vermeidet, mit einfachen Tricks ein Outfit spannender machen kann und warum wir uns dringend Shopping als Hobby abgewöhnen sollten.
Ob er mich nach drei Outfits in puncto Vintage-Mode bekehrt hat? Schaut es euch an!
Look Nr. 1: Die romantische Türsteherin
Ob Männer- oder Frauenabteilung: Beim Secondhand-Shopping spielt das Geschlecht keine Rolle. Fabian findet: Anprobiert werden sollte, was gefällt. Die mädchenhafte Ausstrahlung eines Blümchenkleid wird durch eine schwarze Bomberjacke gebrochen. Erst dann wird der Look so richtig spannend. Oder wie Fabian so schön sagt:
„Hard und Soft Skills vereint.“ -
Die Jacke war sehr kurz geschnitten und ließ das Blümchenkleid gleich viel cooler wirken. Da auch der Print eher zurückhaltend war, kam die Kombination modern, statt altbacken rüber. Die Schnürstiefel sind ein guter Beweis dafür, dass man in einem Secondhandladen echt super Schätze finden kann: Sie waren ungetragen, mega bequem und bei einem Preisschild von 30 Euro ein Schnäppchen, das sich auch prima mit einer Jeans ausführen lässt.
Look Nr. 2: Der braune Overall
Ach, du Sch..! Als Fabian mir den braunen Overall mit angenähter Weste reichte, musste ich vor Entsetzen schlucken. In meinem Kleiderschrank befindet sich kein einziges braunes Teil. Zu den Pumps mit Blockabsatz hätte ich freiwillig auch nie gegriffen.
Was Mode-Experte Fabian jedoch ahnte: Das Outfit lockte mich aus meiner Komfortzone und ermutigte mich, gerade im Secondhandladen mal etwas Neues zu wagen – und nicht immer wieder zu den gleichen Dingen zu greifen, die bei mir eh schon im Kleiderschrank hängen. Es geht darum Teile zu finden, die mit ihrer Einzigartigkeit unser Herz erobern.
Der Overall war überraschend bequem und ist mein Tipp für alle, die in konservativen Anzug-Berufen, also einer Bank oder Kanzlei, tätig sind. Mit weißem T-Shirt und Sneaker könnte ich mir diesen Look auch in meinem Alltag vorstellen.
Look Nr. 3: Der Victoria-Beckham-Gedächtnis-Look
Fabian und ich haben diesen Look den "Victoria-Beckam-Gedächtnis-Look" getauft, weil er uns an die Outfits der britischen Mode-Designerin erinnert. Das Jackett aus der Männerabteilung wirkt durch die breiten Schultern extravagant, gleichzeitig ist es weniger steif, als ein herkömmlicher Blazer. Darunter haben wir ein weißes Seidentop gezogen, aber ein schlichtes weißes Shirt hätte es auch getan.
Was ich interessant fand: Fabian erklärte, dass Secondhand-Jeans die "ehrlicheren" Modelle seien, da sie schon eingetragen und gewaschen worden sind und somit nicht mehr ihre ursprüngliche Form und Farbe verlieren. Das Modell war mir laut Größenschild eigentlich zwei Nummern zu groß – doch es passte wie angegossen. Was für ein Glücksgriff!
In der Schuhabteilung mussten wir dagegen länger suchen. Die meisten Secondhandschuhe wirken aus der Zeit gefallen, man denke an Plateausandalen oder quadratische Kappen. Die Leo-Stiefel à la Shania Twain funktionieren auch heute, aber nur dann, wenn man die Hose über den Schaft zieht.