Einer der Gründe, warum ich nicht viel von Modegeboten halte, ist, dass sie sich schneller überholen, als man sie aufstellen kann (nie wieder Steghosen, hörte ich sie sagen – und schon steckte sie in Steghosen (und mit „sie“ meine ich mich)), aber an eine Regel glaube ich bedingungslos: Ein Outfit fängt man am besten von unten an.
„Schuhe geben buchstäblich den Weg vor, den der Rest des Looks einschlägt.“ -
Wohin geht’s an dem Tag? Wie lange ist man unterwegs? Hat man nach dem Büro noch einen Termin und Zeit, sich umzuziehen? Geht’s vom Kindergarten auf den Spielplatz? Was sagt das Wetter? Zu jeder dieser Fragen gibt es eine passende Antwort aus dem Schuhschrank, auf deren Basis man gestalten kann. Diese Taktik ist so unumstößlich wie Bauplanung. Die fängt man auch nicht in der Mitte des Hauses an, sondern vom Fundament.
Was recht trocken dafür klingt, dass es vor allem im Sommer um Leichtigkeit geht.
Das sind meine Favoriten und passenden Ideen, wie man sich vom Clog bis zum Slingback am schönsten durch die warmen Monate kombiniert (Hochzeiten inklusive).
SANDALETTEN
Ich fange trotzdem mit einem Bild ein, das zunächst keine Leichtigkeit wecken mag. Als ich die Looks für diese Kolumne zusammengestellt habe, hatte die Kombination der Farben Gelb und Blau nicht die Bedeutung, die sie durch den Krieg in der Ukraine bekommen hat. Ich dachte mir beim Styling nicht viel mehr, als dass farbige Accessoires – und eine Sandalette mit (kleinem) Absatz – simple Schnitte sofort erheben. Es wäre daher vermessen, etwas anderes zu behaupten. Dennoch lassen wir das Bild so stehen – als Look, aber auch als Erinnerung daran, dass es effektive und nachhaltige Wege gibt, Solidarität zu zeigen, die über plakative Statements hinausgehen. Einen davon hat Steffi
hier vorgestellt.
SANDALEN
Selbstverständlich, würde ich im Stillen antworten, sind Sandalen im Sommer naheliegend. Dennoch geht die Vorstellung davon oft mit der Realität auseinander. Die Schuhe, die aus nicht viel mehr bestehen als einer Sohle und zwei Bändern, wirken zuhause vor dem Spiegel noch wie eine hervorragende Idee – und nerven den Rest des Tages, wenn man alle paar Schritte die rutschenden Bänder hochziehen muss.
Bei diesen Modellen ist der Nutzen keine Illusion:
Das Modell „Fester Auftritt“: Von der zuletzt so beliebten Trekking-Sandale über Zweiriemer bis zur ausladenden Sohle. Der Überraschungseffekt ist, sie mit flatterhaften Kleidern zu kombinieren.
Das Modell „Slides“: Die Slipper gehen vom Pool mit in die Stadt und sind vor allem sportlich zu nehmen – zu Jeans, Bermudas oder einem Slip-Dress.
Das Modell „Kaum da“: Gerade genug Schuh, um von der Strandliege ins Restaurant zu gehen, und idealer Begleiter für alles, was man dort sonst so trägt – Shorts, Kaftane, Tuniken.
MULES & BALLERINAS
Vor einigen Wochen schrieb eine Abonnentin: „Die nächste Sommerhochzeit steht schon im Kalender, deshalb meine Frage: Was tragen, was die Füße ertragen?“ Dann flatterte direkt die nächste Mail rein: „Stichwort Hochzeit: Was trägt man, das für die Feier festlich ist, aber danach nicht im Kleiderschrank verschwindet?“
Meine Tipps sind zwar spezifisch für diesen Anlass, lassen sich aber direkt in den Alltag übertragen, denn Komfort und Vielseitigkeit will man von Kleidern und Schuhen ja auch sonst.
Eine Hochzeit lädt vor lauter Romantik nicht dazu ein, praktisch zu denken, doch genau dort fängt man am besten an: Wie lange dauert das Fest? Wo findet es statt?
„Wie versteckt man sich schnell vor dem Tischnachbarn, wenn der im Discofox auf einen zu tänzelt?“ -
Antwort: flache Schuhe oder ein Mini-Absatz. Mit ihnen versinkt man bei einer Gartenfeier nicht im Rasen oder bricht sich auf dem Kopfsteinpflaster vor dem Standesamt die Haxen; man kann sie schmerzfrei tragen und ist nicht darauf angewiesen, dass das Brautpaar an Flip-Flops für die Gäst*innen gedacht hat; mit ihnen gelingt das Ausweichmanöver vor stürmischen Tanzpartner*innen.
In der ersten Mail kam die Zusatzfrage, welche flachen Schuhe sich anbieten, ohne „wie ein Schlumpf auf Urlaub“ auszusehen. Obwohl Schlumpf auf Urlaub ehrlich gesagt nach einer großartigen Vorstellung klingt, verstehe ich, dass das nicht der gewünschte Look für eine Hochzeit ist. Den erzielt man so: Auf spitz zulaufende Ballerinas setzen, die raffinierter wirken als ein runder Schuh und die, wie meine Mama sagen würde, einen schlanken Fuß machen. Slingback, D’Orsay, Mules – alles Stile, die zu einer Vielzahl von Kleidern passen, von Mini zu Maxi. Ist man, wie die Schreiberin, nicht groß, würde ich ein Midikleid empfehlen. Ein Mini-Absatz gibt, selbst wenn er nur drei Zentimeter hoch ist, immer einen Lift, und wirkt gerade bei Knie- und Wadenlänge elegant. Die Schuhe dürfen sich in Material und Details von den Alltagsballerinas aus Velours unterscheiden.
Auch beim Kleid gibt die Einladung den Rahmen vor. Wird um Tracht gebeten, sollte man nicht in einem Boho-Dress auftauchen und auf dem Standesamt in Berlin-Neukölln braucht’s weniger Pomp als auf einem Schloss wie Neuschwanstein. Darüber hinaus entscheidet, dass man sich nicht verkleidet vorkommt. Wer sonst nie Etuikleid trägt, den wird auch ein besonders schönes Exemplar nicht davon überzeugen, es nach der Hochzeit wieder anzuziehen.
Was man auch später noch tragen wird?
- Länge: knie- bis bodenlang
- Stoff: entspannt und luftig – im Sinne von Seide oder Baumwolle, nicht T-Shirt-Jersey
- Farbe: Alles ist erlaubt, auch Weiß – wenn das Brautpaar nichts anderes vorgibt
- Muster: je wärmer das Wetter, desto heißer die Prints und Farben. Die typischen Pastelltöne der Brautjungfern entrüscht man mit cleanen Schnitten
- Dazu: ein Blazer – nicht der aus dem Büro, sondern ein fließender Schnitt ohne Knöpfe; eine Jeansjacke – besonders zu festlichen Stoffen wie Satin und Seide; ein leichter Mantel, der mindestens so lang ist wie das Kleid
- Accessoires: Clutch oder kleine Handtasche mit schmalem Schulterriemen
- Stil: wie es einem gefällt und gerne mehr, als man normalerweise wagen würde, ob Ballonärmel oder Volants. Die Chancen stehen gut, dass man das Kleid, das man sich einmal getraut hat, wieder trägt
Wo gibt’s das? Bei „Marken für gute Kleider“, wie ich sie nenne: Edited, Mango, Ivy & Oak, Stine Goya, Diane von Furstenberg, Rixo … Eine große Auswahl davon ist unten verlinkt.
Hilfreich: Beispielsweise bei The Outnet, wo die Ware von Net-a-Porter stark reduziert verkauft wird, gibt es die Kategorie „Kleider Hochzeitsgast“ – eine gute Inspirationsquelle.
Ich würde auch, eingeschränkt nach Lieblingslabels, bei Vestiaire Collective nach Secondhandkleidern gucken. Dort habe ich übrigens mein eigenes Hochzeitskleid gekauft: weiß, knielang, so schlicht wie mein üblicher Stil und garantiert eines, das ich wieder anziehen werde (wenn auch nicht zu (m)einer Hochzeit).
CLOGS & SLIPPER
Die Rückkehr von Clogs ist schlicht damit zu erklären, dass das letzte Revival lang genug her ist. Und warum nicht? Clogs sind ein Schuh wie der Juli: Man sieht ihn – und hat sofort Bilder vom Summer of Love im Kopf. Sie wirken am besten mit Looks, die das Geerdete von Form und Material aufnehmen – Leinen, Strick, Baumwolle. In meiner Fantasie trage ich sie zu einer Art überdimensionalem Nachthemd, in dem ich demnächst meinen Dahlien-Garten in den englischen Cotswolds eröffne. Merke: Vorstellungskraft ist das halbe Outfit.
„Boston“ ist der neue „Arizona“ – das ist keine gewagte Behauptung aus der Erdkunde, sondern die Feststellung, dass die geschlossene Birkenstock-Sandale dem Zweiriemer aktuell den Rang abgelaufen hat. Und wie die „Arizonas“ trägt man „Bostons“ mit Selbstverständlichkeit zu allem – vom romantischen Südfrankreich-Look bis zum leichten Sommeranzug, vom ausgestellten Midirock bis zum Jeans-Minikleid.
Und, natürlich, trägt man sie zu Jeans. Zu denen passen auch alle anderen Schuhe in dieser Kolumne.
Aber noch mal zurück zu Kleidern, denn: Den Sommer gilt es, voll auszukosten. Die Lieblinge der Saison zeige ich euch unten in der Collage. Kleider und Schuhe lassen sich fast beliebig tauschen, ganz nach Stimmung und Anlass.
Viel Spaß beim Kombinieren!
Eure
Bilder: Marlene Sørensen (Porträts) & PR (Produkte)