Job & Finanzen
Mitarbeiterin des Monats
Wie wir uns jetzt im Job unersetzbar machen oder schlau bewerben.
von Lena Schindler - 01.05.2020
Diesen Text gibt es auch als Audio-Artikel, zum Anhören und Downloaden einfach hier klicken.
Seit wir uns nur noch auf der Straße zuwinken, anstatt uns zu umarmen, ewig an Ampeln warten, weil keiner den Drücker berühren will, uns schämen, Mehl und Toilettenpapier zu kaufen (War echt alle, Leute, ich schwöre es!) und Balkonien die Balearen ersetzt, ist eigentlich nur eine Sache sicher: dass alles irgendwie unsicher ist. Vor allem im Arbeitsleben. Nach einer Umfrage der Jobbörse StepStone sorgen sich 37 Prozent darum, dass es ihren Arbeitsplatz nach der Krise nicht mehr gibt. Aktuell rechnet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung für dieses Jahr mit einer Rekordzahl von 2,35 Millionen Kurzarbeitern. Und, ja, es gibt Entlassungen – auch schon nach dem Shutdown, den wir bisher erleben.

„Ist das ein Grund, zu verzweifeln und den Kopf in den Sand zu stecken? Doch, schon.“ -

Denn das gehört zu jeder Krise dazu: erstmal erschüttert sein, traurig. Aber bitte nicht zu lang!
„Wir müssen anerkennen, dass es eine schwierige Zeit ist, und uns erlauben, in Selbstfürsorge mit einer Tasse Tee auf der Couch zu sitzen und das anzunehmen“, so Dr. Martin Ebeling, der das Business-Programm der School of Life in Berlin leitet und sich auch mit emotionalem Wachstum beschäftigt: „Für viele ist die Zukunft sehr ungewiss, aber wir müssen uns auch klarmachen: So außergewöhnlich diese Krise ist, es ist weder die erste persönliche noch wirtschaftlich-gesellschaftliche, die wir erleben und überstanden haben.“
Will heißen: Wir kriegen das hin! Müssen dafür aber erstmal das Gefühl der Lähmung abschütteln, auch wenn es schwerfällt (ein bisschen wie beim Body-Workout, zu dem wir uns endlich mal wieder aufraffen) – und allen miesen Prognosen zum Trotz aktiv werden.
Am besten, man forscht in Jobangelegenheiten zunächst ganz in der Nähe: bei sich selbst! Dazu rät Marisa Adenaw, Karrierecoach beim INQUA-Institut. Sie sieht die aktuelle Lage als guten Zeitpunkt, sich um die eigene Selbstvermarktung zu kümmern: „Die Welt hat gerade den Pausenknopf gedrückt. Darum sollte ich mir jetzt darüber klar werden: Was sind eigentlich meine Kompetenzen, meine Werte und Ziele? Wo liegen meine Potenziale, durch die ich einen Arbeitgeber besonders in dieser Situation unterstützen kann? Vielleicht habe ich schon länger mit einem Unternehmen geliebäugelt. Das kann ich jetzt mit einer innovativen und kreativen Initiativbewerbung angehen.“
Als Aufhänger empfiehlt sie positive Haltungen, mit denen mich Firmen in der Krise beeindruckt haben, wie die Brauereien, die jetzt unkonventionelle Wege gehen und Desinfektionsmittel herstellen statt Bier. „Es ist auch wichtig, darzustellen, dass ich anpassungsfähig bin und nicht jede äußere Krise zu einer inneren mache. Unternehmen suchen jetzt Mutmacher und Lösungsfinder“, so Marisa Adenaw. Und man darf die Dinge auch ruhig mal ganz anders angehen: „Warum nicht von der jüngeren Generation lernen und sich anschauen, wie die Azubis das so machen? Die kreieren oft tolle Bewerbungsvideos, um sich in ihrem ganzen Profil zu präsentieren.“
Okay, sich jetzt ausgerechnet in der Touristikbranche zu bewerben, in der viele selbst in Not sind, ist gerade der falsche Zeitpunkt. Aber:

„Längst nicht alle Unternehmen sind so stark betroffen.“ -

„Selbst wenn das Einstiegsdatum nach hinten rückt: Viele Firmen denken langfristig und stellen weiterhin ein. Irgendwann wird die Krise vorbei sein und dann brauchen sie umso mehr gutes Personal. Bewerber benötigen jetzt allerdings einen längeren Atem“, so Lea Louisa Schröder, Communications Manager bei StepStone. Gefragt sind ihr zufolge in der Krisenzeit vor allem jene, die dazu beitragen können, Geschäftsmodelle zu digitalisieren, oder gute IT-Kenntnisse haben, auch Ingenieur*innen und Unternehmensberater*innen. Die also Dinge draufhaben, die man sich nicht einfach so übers Wochenende per YouTube-Tutorial aneignen kann.
Aber: Auch wer kein IT-Nerd ist, sollte ruhig mal bei Technologie- oder Digitalfirmen anklopfen. Denn die sind gerade gefragt und auch dort werden Leute fürs Marketing gebraucht, die PR oder auch die Verpflegung der Mitarbeiter*innen. Medizintechnikhersteller profitieren besonders von der Krise, Biotech-Firmen, aber auch beim Start-up Hello Fresh, das Kochboxen als Abo-Modell anbietet, läuft es richtig gut. Und wer gerade ein dickes Auftragsplus zu verbuchen hat, kann ja vielleicht Verstärkung gebrauchen …
Wer gezielt nach ausgeschriebenen Stellen sucht, tut das am besten bei den Jobbörsen im Netz (Doch, doch, neben Spargel stechen, Pakete ausliefern und Infektionsketten am Telefon nachverfolgen gibt es sehr wohl andere Angebote!). StepStone, meinestadt.de und Indeed sind laut Umfragen unter Bewerbern am beliebtesten. Aber welche Plattform geeignet ist, hängt auch davon ab, in welchem Bereich man sucht: meinestadt.de hat sich auf nicht akademische Jobs spezialisiert, Staufenbiel richtet sich an Studenten, Absolventen und Young Professionals. Die großen Portale wie Indeed, StepStone und Monster haben Angebote aus allen Bereichen. Aber es lohnt sich auch, mal die Suchfunktion „Google for Jobs“ auszuprobieren. Oder das „Tinder der Jobszene“: Beim Start-up Truffls schlägt die App nach Angabe von Wünschen und Fähigkeiten passende Stellen vor. Und wer lieber gefunden werden will, nutzt den Moment, um sein Profil in den sozialen Berufsnetzwerken wie Xing und LinkedIn professionell sichtbar zu machen.

„„Never waste a good crisis!““ -

Das hat Winston Churchill mal gesagt. Okay, ein bisschen großspurig vielleicht. Aber es steckt etwas Wahres drin. „Für viele ist es trotz aller Ängste eine extrem lehrreiche Zeit“, sagt auch Dr. Martin Ebeling: „Weil wir auf uns zurückgeworfen sind, mit uns selbst in Kontakt kommen und uns fragen können: Was will ich nach Corona noch behalten von meinem alten Leben und was verändern?“
Da jetzt das Tempo rausgenommen wurde, kann ich die Gelegenheit nutzen, um an meinem Portfolio zu feilen, mich fit zu machen für die Zeit nach der Krise: Kompetenzen ausbauen durch Coachings, Online-Workshops oder Bücher, die ich schon lange lesen wollte. Oder um mein Digital-Know-how zu verbessern, indem ich mich mit Konferenzsystemen wie Zoom oder Wire auseinandersetze (Geht super per Videoschaltung mit den Eltern!). Und da die Vorstellungsgespräche jetzt über diese Kanäle laufen, bin ich darauf auch gleich gut vorbereitet. „Was jetzt wichtig ist, dass ich zeigen kann: Ich entdecke Chancen in der Welt und kann sie am Schopfe packen. Dass ich nicht sage, die Welt hat sich gegen mich verschworen, sondern sie ist zu einer Herausforderung geworden. Aber ich bringe Talente, Stärken und Ressourcen mit, die mich da durchbringen“, so Martin Ebeling.
Wir sollten uns also nicht der Situation ergeben und denken, ich finde in dieser Phase sowieso keinen Job, sondern weiter an Zielen und Träumen festhalten, auch wenn sie aktuell schwer erreichbar scheinen. „Vielleicht muss ich für den Moment meinen Blickwinkel öffnen und mich anderweitig fokussieren“, so Karrierecoach Marisa Adenaw: „Aber langfristig kann ich nur hochmotiviert in einem Job arbeiten, für den ich auch brenne. Sich komplett zu verbiegen, weil anderswo gerade ein höherer Bedarf herrscht, kann nicht dauerhaft funktionieren.“
Wer in diesen Wochen in seinen alten Job zurückkehrt, tut das oft mit der Angst, ihn doch noch zu verlieren. Und fragt sich:

„Wie mache ich mich jetzt unverzichtbar?“ -

„Wichtig ist nun, seinen Arbeitsplatz aus dem Blickwinkel der Dankbarkeit zu betrachten“, so Marisa Adenaw: „Und zu zeigen: Ich weiß, wir sind alle in einer schwierigen Situation und ich möchte mich zielführend einbringen und dazu beitragen, dass alle sich gegenseitig unterstützen.“ Warum nicht mal den Kollegen zeigen, wie Zoom funktioniert? Oder eine kleine Support-Initiative für das Lieblingscafé im Nebenhaus starten, um den Gemeinschaftsgedanken zu stärken?
Wem vor Corona vielleicht eine Beförderung oder Gehaltserhöhung in Aussicht gestellt wurde, muss nun geduldig sein: „Es gibt viele, die gerade ihre Jobs verlieren. Wenn ich meinen noch habe, sollte ich nicht mit einer Forderung und aufgehaltener Hand zurückgehen, sondern mit diesen Gesprächen einfach vier bis sechs Monate warten.“ Es geht jetzt eher darum, im Sinne des Unternehmens zu denken – und damit unter Beweis zu stellen, wie sehr ich diesen Bonus in der Zukunft verdiene. „Es liegt aber nicht nur in der Verantwortung des Einzelnen, sich auf die neue Situation einzustellen“, so Martin Ebeling: „Die Unternehmen müssen für ihre Mitarbeiter da sein und Räume schaffen, in denen ihre Emotionen und Ängste gesehen werden.“
Vor allem Mütter sind von dieser Krise durch Schul- und Kitaschließungen hart getroffen. Sie arbeiten vielleicht in Teilzeit, verdienen in Kurzarbeit nun noch weniger und müssen mehr denn je darum kämpfen, Job und Kinder unter einen Hut zu bekommen: „Diese Situation ist für Familien eine riesengroße Herausforderung. Aber ich denke, dass das auch wahrgenommen wird“, macht Marisa Adenaw Mut: „Weil man sieht: Es ist eben kein Problem, eine Frau mit kleinen Kindern einzustellen, weil sie trotz Mehrbelastung auch im Job hervorragende Leistungen bringt – auch von zuhause aus.“ Unsere Arbeitswelt war bisher starr und eingerostet, aber selbst bei denen, die sich Homeoffice oder digitalem Arbeiten verweigert haben, findet nun ein Umdenken statt. „Ein positiver Nebeneffekt ist auch, dass viele Unternehmen gezwungen wurden, ihren Mitarbeitern mehr zu vertrauen. Sie sehen, dass die Leute beitragen und Verantwortung übernehmen – und im Homeoffice keinen Blödsinn machen“, so Martin Ebeling. Und das sogar unter den vielleicht schwierigsten Arbeitsbedingungen, die wir je hatten.
Wer an seinen Jobkompetenzen feilen will, kann an der School of Life in Berlin an großartigen Seminaren (aktuell natürlich online!) zum Thema Homeoffice oder „Wie finde ich einen Job, der zu mir passt“ teilnehmen. Erfahrene Karrierecoaches sind hier zu finden: INQUA-Institut

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