Wenn Nina Julie Lepique nach ihrem Job gefragt wird und antwortet, dass sie die Gründerin einer Streamingplattform für heiße Hörgeschichten ist, dann passiert bei dem Gegenüber immer eine Menge. Einige seien interessiert, andere schauen verlegen zu Boden, erzählt Nina Julie. Frauen-Pornos für die Ohren scheinen bei vielen noch ein Tabu-Thema zu sein.
Femtasy hat jedoch nichts mit dem schmuddeligen Image der Erotik-Branche zu tun. Mit über 880 erotischen Hörgeschichten geht es vor allem darum, dass die Phantasie und das Kopfkino angeregt wird. Frauen in langen Beziehungen können wieder neue Anreize finden, Mütter nach der Geburt ihrer Körper für sich zurück entdecken, Singles solo loslegen – die User werden einfach angehalten, mal wieder richtig Spaß mit sich selbst zu haben.
Das Start-up wurde vor eineinhalb Jahren gemeinsam von Nina Julie und ihrem Freund Michael gegründet. Nina war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 23 Jahre alt, kündigte für ihre Idee eine sichere Festanstellung bei Xing und setzte alles auf eine Karte. Seitdem hat sie als Gründerin Höhen und Tiefen erlebt, muss mit Kritik, Vorurteilen und Skepsis umgehen und sich jeden Tag aufs Neue behaupten.
Wie sie das schafft und welche Tipps sie für uns hat, verrät Nina Julie in ihren fünf Job-Learnings.
Viel Spaß beim Lesen!
1.) Wenn du nichts riskierst, riskierst du mehr.
Als Gründerin trage ich seit einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr nur die Verantwortung für meine Zukunft, sondern auch für die der Teammitglieder und der Firma. Einer meiner ehemaligen Chefs hat mir ziemlich zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn gesagt „Es ist ganz einfach: Es werden sich dir Chancen bieten, viele sogar – aber du, du ganz allein, bist dafür verantwortlich sie dir zu nehmen. Und: Wenn du nichts riskierst, riskierst du mehr“. Damit meint er, dass das Risiko gar nicht darin liegt sich falsch zu entscheiden, sondern viel mehr im Stillstand. Heute kann ich sagen, dass ich diesen Ratschlag wirklich beherzige. Also öfter mal raus aus der Komfortzone und ins kalte Wasser springen, denn meistens ist es gar nicht so kalt wie gedacht.
2.) Wachstumsschmerzen? Augen zu und durch!
Als Unternehmerin, aber auch als Mama, als Papa, als Kollegin, als Chefin, als Studentin und noch so vieles mehr müssen regelmäßig unangenehme Entscheidungen getroffen werden. Das kann richtig weh tun. Ich nenne diese unangenehmen Entscheidungen Wachstumsschmerzen, denn aus meiner Erfahrung müssen sie sein, damit man sich weiter entwickeln kann. Um dich und dein Business auf die nächste Ebene zu heben. Mir ist beispielsweise eine tolle Bewerberin für eine sehr wichtige Position nach Vertragsunterschrift und eine Stunde nachdem ich allen anderen Kandidaten abgesagt hatte, plötzlich abgesprungen. Aua. Das tat richtig weh. Aber mittlerweile hab ich gelernt, dass es nach dem ersten Schmerz und der ersten Verzweiflung besser wird. Es werden immer auch neue Chancen, neue Projekte und neue Wegbegleiter kommen. Manchmal soll es einfach nicht sein und es gibt sicher einen Grund.
„Kopf hoch und durchhalten lautet dann die Devise – das sind nur Wachstumsschmerzen.“ -
3.) Suche dir Mentoren.
In den letzten eineinhalb Jahren habe ich gelernt, dass es für mich unabdinglich ist, Zeit außerhalb der Arbeit zu verbringen – auch wenn der Terminkalender voll ist und das E-Mail-Postfach überquillt. Einerseits, um mich mit anderen Gründer*innen auszutauschen und um neue Impulse zu erhalten. Andererseits um Mentoren und Coaches zu finden, die mein Leben privat wie beruflich sehr bereichern und mir bei meiner Weiterentwicklung helfen. Gerade dann, wenn ich das Gefühl habe, dass ich mich auf gar keinen Fall vom Notebook wegbewegen kann, sind Treffen, Telefonate oder Video-Calls mit diesen Menschen das Beste, was passieren kann. Ich kann dann brutal ehrlich jegliche Gedanken teilen. Das ist für mich Gold wert.
4.) Hör`hin und frage nach!
Ich habe gelernt: Geh niemals davon aus, dass du alles am besten weißt, sondern bleibe neugierig und vor allem in Kontakt mit deinen Kunden, Experten und Meinungsmachern. Frage sie, was ihnen gefällt, aber auch und vor allem, was ihnen nicht gefällt oder fehlt. Genauso wichtig ist es meiner Meinung nach richtig hinzuhören und herauszufinden, was hinter der Kritik steckt. Wir stehen bei femtasy beispielsweise im ständigen Austausch mit unseren Abonnentinnen. Hinhören ist ein Unternehmenswert geworden und viele Neuerungen kommen direkt von unseren Nutzerinnen.
Während der Gründung habe ich mit vielen verschiedenen Menschen über die Idee von femtasy gesprochen und durchaus Gegenwind erfahren. Unverständnis und Ablehnung gegenüber der eigenen Idee kann wehtun, aber ich versuche Kritik und Gegenwind als Prüfung anzusehen. Sie testet mich, wie stark ich wirklich selbst an die Idee glaube, ob ich bereit bin mit Ablehnung umzugehen und ob mich die Idee langfristig fesselt.
5.) Entscheide, welches Feedback du dir zu Herzen nimmst.
Manchmal ist es überraschend, manchmal abgesprochen, manchmal gewollt und manchmal ungewollt – aber am Ende war Feedback für mich immer ein Geschenk, das mir hilft zu wachsen und kontinuierlich besser zu werden. Auch in unserem Team ist es mir extrem wichtig, eine Feedbackkultur zu etablieren, in der wir offen und vor allem direkt über mögliche Konflikte und Probleme sprechen können. Kritik kann echt ungemütlich werden, vor allem, wenn man sie sich zu sehr zu Herzen nimmt, was mir durchaus regelmäßig passiert, aber es hilft mir mich zu reflektieren und besser zu werden. Sieh jegliche Kritik, die sich dir bietet, erstmal als Chance, höre sie dir an und entscheide dann, welche Aspekte du dir zu Herzen nimmst und welche lieber nicht. Du kannst dein eigenes Korrektiv sein!