Job & Finanzen
Willkommen in meinem Haushaltsbuch
Lisa lebt in New York – Mette in Hamburg. Hier verraten sie, was sie verdienen und ausgeben.
von Lena Schindler - 01.09.2020
Hier kommt die vierte Runde unserer Haushaltsbuch-Serie! Nachdem wir im Juli, Juni und August schon spannende Einblicke in die Ein- und Ausgaben ganz unterschiedlicher Frauen in verschiedenen Lebenslagen bekommen haben, geben uns dieses Mal Lisa und Mette einen detaillierten Einblick: Lisa lebt mit ihrem Freund in New York City und verdient deutlich mehr als ihr Partner – Mette aus Hamburg arbeitet als Grafikdesignerin in Elternzeit aktuell selbstständig und in Teilzeit.
Los geht’s!

Lisa aus Rosenheim (29, arbeitet in der Forschung) zog vor vier Jahren nach New York City, verliebte sich in Chris (29, Café-Besitzer) und ist die Brötchenverdienerin in der Beziehung.

Gemeinsame Einnahmen
Gemeinsames Nettoeinkommen: 7.460 Euro
Nettoeinkommen Lisa: 5.600 Euro
Nettoeinkommen Chris: 1.860 Euro
Gemeinsame Ausgaben
Warmmiete (inkl. Internet): 2.200 Euro
Lebensmittel/Drogerie: 460 Euro
Essen bestellen: 590 Euro
Ausgehen: 130 Euro
Katze (Krankenversicherung, Futter): 130 Euro
Lisas Extraausgaben
Gesangsunterricht: 150 Euro
U-Bahn-Ticket: 110 Euro
BAföG-Rückzahlung: 55 Euro
Online-MBA: 340 Euro
Netflix, Amazon Prime, Server, Domains, Coding-Plattformen, Skype-Flatrate: 95 Euro
Kleidung, Kosmetik, Friseur: 130 Euro
Essen/Kaffee im Job: 210 Euro
Reinigung: 35 Euro
Altersvorsorge: 255 Euro im Monat
Flüge (umgerechnet auf den Monat): 310 Euro
Chris’ Extraausgaben
Sparen (Altersvorsorge, Reisen): 170 Euro
U-Bahn-Ticket: 20 Euro
Werkzeug/Hobby: 85 Euro
* Alle Beträge wurden von US-Dollar in Euro umgerechnet.
„Meine Eltern rufen mich eigentlich selten an, weil sie immer denken, ich sei zu beschäftigt. Aber wenn doch, dann haben sie gerade die Nachrichten geguckt und machen sich Sorgen. Aber so schlimm fühlt sich die Situation nicht an, wenn man hier lebt – auch wenn Corona diese Stadt sehr hart getroffen hat. Das Schlimmste für mich persönlich ist, dass ich meine Familie diesen Sommer nicht sehen kann wie normalerweise, aber das ist eine sehr privilegierte Beschwerde. Denn viele Menschen hier können sich ihren Lebensstandard nicht mehr leisten. Tatsächlich sieht man jetzt mehr junge Obdachlose: Millennials und Hipster, die man eher in einem Loft erwarten würde, liegen nun im Schlafsack auf der Straße. Dagegen haben wir kleine Sorgen. Mein Freund Chris (29) hat zwar mit einem Freund ein Café in Williamsburg und natürlich auch große Einbußen. Aber dank einer Mietminderung wird ihr Unternehmen wohl überleben. Die Miete beträgt sonst 8.900 Euro im Monat, total verrückt. Jetzt sind sie bis Ende des Jahres runtergegangen auf 3.650 Euro, dadurch können sie sich finanziell erholen.
Als ich vor vier Jahren nach New York kam, haben Chris und ich uns auch bei ihm im Café kennengelernt. Ich war Stammkundin und wenn man ihn fragt, sagt er immer, ich hätte ihn ‚niedergestarrt‘, es war anscheinend nicht besonders subtil.
Ich war vorher schon mal für ein Praktikum längere Zeit in New York und arbeite heute als Bioinformatics Software Engineer im Labor eines großen Forschungskrankenhauses. Dort baue ich Apps und Datenbanken. Es ist total schön, in der Krebsforschung tätig zu sein, denn ich muss mich nie fragen, warum ich zur Arbeit gehe. Ich verdiene netto 5.600 Euro im Monat, was deutlich über dem New Yorker Durchschnitt liegt. Von meinem Gehalt kann man hier sehr gut leben. Geld macht zwar nicht glücklich, aber diese Sicherheit, die ich dadurch habe, finde ich sehr beruhigend.

„Ich habe mir eher aus Versehen einen Job ausgesucht, mit dem man gut Geld verdienen kann und der sehr gefragt ist.“ -

Das hatte ich nicht geplant, bin aber total glücklich, dass es so passiert ist. Ich komme nicht aus einer Akademikerfamilie, bei uns gibt es viele Zimmerer und Mechaniker, meine Mutter war bis zur Frührente Postbotin. Meine Cousine und ich sind die Ersten, die studiert haben. Für meine Familie war das schon heftig, dass ich dann auch noch nach New York gegangen bin. Aber sie hatten auch ein blindes Vertrauen in mich.
Bei meinem ersten Aufenthalt hier habe ich mich schwergetan und war sehr einsam, weil ich nicht offen auf die Leute zugegangen bin. Aber beim zweiten Anlauf habe ich mich sehr schnell gut eingelebt und wohlgefühlt. So ähnlich sich die Kulturen auch sind, das Zwischenmenschliche ist eben doch anders. Diese oberflächliche Freundlichkeit, die den Amerikanern oft nachgesagt wird, finde ich sehr schön. Da ist oft auch viel Wärme drin. Aber für mich war anfangs eben nicht klar, dass es sehr unverbindlich sein kann.
Das Café wirft für Chris nicht sehr viel ab, im Schnitt etwa 1.860 Euro im Monat. Als Feministin finde ich es natürlich super, die Brötchenverdienerin zu sein. Chris kommt damit auch gut klar, aber bei der Miete ist es ihm wichtig, dass die Balance gewahrt wird. Wir zahlen für unsere etwa 70 Quadratmeter in Brooklyn 2.200 Euro inklusive Strom und Internet, das ist für New Yorker Verhältnisse sehr günstig. Da das Geld von seinem Konto abgeht, habe ich zwei Jahre nicht mitbekommen, dass er sogar mehr als die Hälfte gezahlt hat, ohne mir etwas davon zu sagen. Mittlerweile ist es ausgeglichen. Für mich wäre es aber natürlich auch okay, zwei Drittel zu übernehmen.

„Beim Essengehen oder bei Lebensmitteln zahle ich den Großteil. Emotional übernimmt wiederum er den Großteil.“ -

Wenn er merkt, wir sind beide schlecht drauf, stellt er seine Bedürfnisse hinten an und kümmert sich um meine. Aber bei Finanzen ist ihm diese Rolle nicht wichtig. Man hält das Gleichgewicht in einer Beziehung ja auch über ganz andere Dinge. Was er mir an Lebensqualität mitgegeben hat, als ich neu in New York war, das kann man sowieso gar nicht aufwiegen.
Für Lebensmittel und Drogerie geben wir etwa 460 Euro aus, fürs Essenbestellen normalerweise etwa 380 Euro, in Coronazeiten bis zu 590 Euro. Fürs Essen- und Ausgehen sind es 130 Euro, das ist natürlich gerade sehr wenig. Wir bestellen im Moment sogar Cocktails to go. Normalerweise darf ja hier draußen kein Alkohol getrunken werden, aber das ist jetzt anders.

„Chris stresst sich nicht besonders mit Geld, ich hätte an seiner Stelle mehr Zukunftsängste.“ -

Besonders als Frau fühlt man sich ja immer irgendwie schuldig, weil man zu viel ausgegeben oder zu wenig für die Altersvorsorge getan hat. Aber über meinen Arbeitgeber habe ich ein ganz gutes Modell: Er zahlt 2,5 Prozent meines Jahreseinkommens auf ein Investmentkonto ein und wenn ich drei Prozent selbst einzahle, geben sie nochmal drei Prozent drauf. Falls ich das Ganze mache, bis ich 31 bin, kommen nochmal 2,5 Prozent hinzu. Von jedem Gehalt gehen 2.960 Euro auf mein Sparkonto, das ich gerade aufbaue, damit ich immer drei bis sechs Monate auf der hohen Kante habe. Davon gehen auch die BAföG-Rückzahlungen und die Kosten für meinen Master ab, den ich gerade online mache.
Eine meiner größten Ausgaben sind Flüge zwischen Deutschland und Amerika, denn auch wenn meine jüngeren Geschwister mich besuchen, möchte ich sie einladen. Unser langfristiger Plan ist, dass wir beide ganz nach Deutschland gehen. Denn der Preis, den man für Lebensqualität zahlt, ist hier einfach zu hoch. Da ich in einer Klinik arbeite, habe ich zum Glück eine super Krankenversicherung: Ich zahle monatlich 185 Euro von meinem Bruttoeinkommen dafür, mein Arbeitgeber übernimmt 510 Euro. Aber ich zahle extrem hohe Steuern in einem Land, das – falls ich meinen Job verlieren sollte – mich hochkant rauswirft, in dem ich auch kein Arbeitslosengeld bekommen würde. Wir haben hier ein absurd schlechtes Sozialsystem, was ich ungern auf lange Zeit unterstützen möchte. Das Land entwickelt sich unter Trump in eine Richtung, die mir sowieso nicht taugen würde. Chris mag sein Land natürlich, aber er sieht das ähnlich wie ich und würde auch gern mal woanders leben – solange wir erstmal nach Berlin ziehen und nicht ins Alpenvorland.“

Grafikdesignerin Mette (43) lebt mit ihrem Freund Georg (39, Grafikdesigner) in Hamburg, liebt ihre Freiheit als Selbstständige, denkt aber in diesen wackeligen Zeiten darüber nach, zurück in die Festanstellung zu gehen.

Gemeinsame Einnahmen
Gemeinsames Nettoeinkommen: 3.700 Euro
Einkommen Mette: 1.000 Euro
Nettoeinkommen Georg: 2.700 Euro
Kindergeld: 204 Euro
Gemeinsame Ausgaben
Warmmiete: 1.050 Euro
Strom und Wasser: 100 Euro
Pacht und Mitgliedsbeitrag Schrebergarten: 25 Euro
Strom und Wasser Schrebergarten: 30 Euro
Pflanzen: 10 Euro
Care Sharing/Ride Sharing: 40 Euro
Lebensmittel/Drogerie: 600 Euro
Ausgehen: 300 Euro
Internet, Netflix: 20 Euro
Anschaffungen Kind: 50 Euro
Mettes Extraausgaben
Handy: 29 Euro
Mitgliedschaft Sportverein: 25 Euro
Friseur, Klamotten: 150 Euro
Zeitschriften/Bücher: 40 Euro
Riester-Rente: 100 Euro
Sparen (Altersvorsorge): 400 Euro
Georgs Extraausgaben
Handy: 10 Euro
Boxen: 50 Euro
Vespa (Versicherung/Reparatur): 25 Euro
Friseur, Klamotten: 100 Euro
Sparen: 400 Euro (Altersvorsorge)
„Gerade jetzt in Coronazeiten stelle ich mein derzeitiges Lebenskonzept manchmal in Frage. Als ich angefangen habe, selbstständig zu arbeiten, war das eher als Zwischenlösung gedacht. Das erste Jahr meiner Elternzeit war rum, ich musste wieder Geld verdienen, konnte mir aber die Kombi aus Büroalltag und Muttersein noch nicht recht vorstellen. Unser heute zweijähriger Sohn hatte dauernd eine Bronchitis und gefühlt hatte ich ihn jede zweite Woche zuhause statt in der Kita. Ich wusste nicht, wie ich meinem Job, den ich sehr liebe, und meinen Kollegen, die ich schätze, hätte gerecht werden können. Mit meinem Arbeitgeber habe ich mich so geeinigt, dass ich meine Elternzeit verlängere und währenddessen frei arbeiten darf. Ich kann so auf Honorarbasis immer mal bei dem Verlag, bei dem ich angestellt bin, aushelfen, aber auch für andere Redaktionen tätig sein.
An die Flexibilität und die Freiheit könnte ich mich dauerhaft sehr gut gewöhnen, auch an die Vielseitigkeit. Ich finde es wunderbar, einfach mal die Arbeit unterbrechen zu können, wenn ich gerade nicht weiterkomme – und gemütlich über den Markt zu bummeln. Oder dann zum Sport zu gehen, wenn die Kurse leer sind. Aber Druck und Unsicherheiten gibt es eben auch, wenn man immer nur von Monat zu Monat plant. Und wenn das Kind krank zuhause ist, verdient man eben oft gar nichts.

„In den vergangenen Monaten habe ich gemerkt, wie eng es werden kann, wenn die Aufträge wegbrechen.“ -

Dabei bin ich im Vergleich zu anderen Selbstständigen noch in einer komfortablen Situation. Denn dadurch, dass ich meine Selbstständigkeit nebenberuflich in der Elternzeit ausübe, läuft meine Krankenversicherung, die mich sonst ein paar hundert Euro Kosten würde, beitragsfrei. Ich arbeite etwa 20 Stunden pro Woche und bekomme im Schnitt 1.000 Euro raus. Zuletzt war es oft weniger und ich hätte mich mit einem regelmäßigen Einkommen schon besser gefühlt. Ich habe auch die Corona-Soforthilfe vom Staat in Anspruch genommen und damit meine laufenden Betriebskosten bezahlt. Damit kam ich gut hin. Aber trotzdem denke ich seitdem anders über das selbstständige Arbeiten nach und werde wohl nach Ende der Elternzeit wieder in meinen alten Job zurückkehren. Ich bin sehr glücklich über diese Option, aber auch etwas traurig, mich von der Selbstständigkeit zu verabschieden.
Mein Freund Georg (39) ist festangestellt und arbeitet auch als Grafikdesigner, er verdient 2.700 Euro netto. Dazu kommen noch die 204 Euro Kindergeld für unseren Sohn. In einer Stadt wie Hamburg ist das zwar überschaubar, aber wir kommen gut klar. Wir haben einen zehn Jahre alten Mietvertrag, da mein Freund vorher schon mit einem Freund zusammen hier gewohnt hat, und zahlen für unsere 75-Quadratmeter-Wohnung 1.050 Euro Miete warm. Außerdem pachten wir noch eine Schrebergarten-Parzelle, die kostet uns inklusive Mitgliedsbeitrag 300 Euro im Jahr. Gerade jetzt ist diese kleine Oase wahnsinnig wertvoll für uns. Wir haben zuletzt superviel Zeit dort verbracht, auch oft Homeoffice in unserer Laube gemacht. Während des Lockdowns haben wir lauter Zeug gepflanzt und gerade Bohnen und Mangold geerntet. So ein Garten, egal wie klein, entschleunigt total und hat ganz viel Ruhe in unser Leben gebracht.

„Wir haben ein gemeinsames Konto, da kommt alles drauf und wir bezahlen auch alles davon.“ -

Da wir keine besonders hohen laufenden Kosten haben, können wir gut von unseren beiden Jobs leben. Nur sparen tut jeder für sich, von unserem gemeinsamen Geld darf jeder 400 Euro monatlich aufs Sparkonto legen, die sind als Altersvorsorge gedacht. Unser Sohn geht nur fünf Stunden am Tag in die Kita und diese Grundbetreuung ist in Hamburg kostenfrei. Da wir alles mit dem Fahrrad machen und mitten in der Stadt leben, haben wir kein Auto, Georg hat aber eine alte Vespa von 1969, die er sehr liebt, die aber dauernd kaputt ist und repariert werden muss. Auch unsere Laube ist nur ein paar Kilometer vom Zentrum entfernt, da kommen wir super mit dem Lastenrad hin – oder wir nutzen Car Sharing oder Ride Sharing, was super klappt. Eng wird es bei uns eigentlich immer nur dann, wenn größere Investitionen anstehen – wie etwa das Schrebergarten-Häuschen, das wir für 8.000 Euro von unseren Vorgängern übernommen haben. Sie haben dort viel Mühe reingesteckt und alles selbst umgebaut, der Preis war total fair. Oder unser Lastenrad, das wir gebraucht für 1.500 Euro gekauft haben.
Abgesehen vom Ersparten für die Altersvorsorge haben wir aktuell kaum etwas auf der hohen Kante und sind gerade dabei, unseren Puffer wieder etwas aufzufüllen. Da ich Schwierigkeiten hatte, schwanger zu werden, und wir uns für eine In-vitro-Fertilisation in der Kinderwunschklinik entschieden haben, ist unser Erspartes sehr stark zusammengeschrumpft. Für die insgesamt vier Versuche und Hormonbehandlungen haben wir etwa 20.000 Euro ausgegeben. Da ich damals schon über 40 war und wir nicht verheiratet sind, hat die Krankenkasse kaum etwas übernommen und wir mussten den Großteil selbst bezahlen. Solange man mittendrin steckt, sieht man natürlich das Geld schwinden und fragt sich, ob sich das alles am Ende überhaupt lohnt. Jetzt wissen wir zum Glück: Das war natürlich die beste Investition überhaupt!“
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