Dieses Mal mit: Nina (35 Jahre) ist zweifache Mutter, mit Mats (36 Jahre), Lehrer, verheiratet und PR-Managerin in Teilzeit. Auch wenn ihre gemeinsamen Einnahmen hoch sind, viel Geld bleibt den beiden am Ende des Monats nicht. Für ihr Alter vorsorgen möchte Nina aber dennoch. Nur wo soll sie anfangen? Ab welcher Summe lohnt sich ein Investment? Und wie macht man das überhaupt mit den Aktien? Finanzexpertin Karolina Decker von der Female Invest-Plattform
FinMarie weiß Rat und hat sich Ninas Einnahmen und Ausgaben genauer angeschaut.
Gemeinsame Einnahmen:
Ninas Nettoeinkommen: 1.600 Euro
Mats Nettoeinkommen: 3.500 Euro
Kindergeld: 400 Euro
Gemeinsame Ausgaben:
Miete Wohnung: 2.000 Euro
Nebenkosten Wohnung: 200 Euro
Lebensmittel und Drogerie: 800 Euro
Internet und GEZ: 45 Euro
Streamingdienste: 40 Euro
Familien-Haftpflicht-Versicherung: 70 Euro
Familien-Sportverein: 25 Euro
Kitagebühren: 350 Euro
Aktien: 500 Euro
Ausgaben für Kinder und Reisen: 200 Euro
Ninas Ausgaben:
Mobiltelefon: 30 Euro
Spenden: 15 Euro
Kleidung: 100 Euro
Kosmetik und Friseur: 80 Euro
Zahnreinigung und Osteopathie: 20 Euro
Diverses: 50 Euro
Ausgehen: 20 Euro
Nina lebt, wie sie selbst sagt, das klassische Familienmodell: Sie war bei ihren Kindern jeweils zwölf Monate in Elternzeit und arbeitet heute in Teilzeit, während ihr Mann Mats den Großteil des gemeinsamen Haushaltseinkommens verdient.
Das war aber nicht immer so. Nach ihrem Abschluss hatte Nina schnell eine feste Stelle, verdiente lange sogar mehr Geld als Mats und konnte eine recht große Summe zur Seite legen – damals noch „double income, no kids“. Zu dem Zeitpunkt hatten die beiden noch getrennte Konten. Ninas Erspartes landete in erster Linie als Notgroschen auf ihrem Tagesgeldkonto. Seitdem liegt es dort, wird von ihr für besondere Ausgaben genutzt. Wirklich wachsen tut es aber nicht. Heute ärgert Nina sich, dass sie sich nicht damals schon mit den Themen Investment und Altersvorsorge beschäftigt hat. „Mit Anfang 20 dachte ich noch, die Rente sei ja noch ewig hin“, erzählt Nina heute. Dabei sitzt ihr noch der Tipp ihrer Mutter im Ohr, selbst während eines Praktikums unbedingt Rentenbeiträge zu zahlen – denn:
„Im Alter zählt jeder Monat in der Rentenkasse!“ -
Heute arbeitet Nina nach ihrer zweiten Elternzeit wieder als PR-Managerin bei ihrem alten Arbeitgeber, einer großen Agentur in Hamburg. In Teilzeit, mit rund 25 Stunden pro Woche. Nachmittags kümmert sie sich um ihre Kinder. Die Rollenverteilung haben Nina und ihr Mann gemeinsam gewählt. Auch wenn er sich theoretisch mehr Zeit mit den Kindern und Nina mehr eigenes Geld wünschen würde. Wirklich tauschen oder etwas ändern wollen die beiden nicht. Sie genießen ihre jeweiligen Rollen.
Mit ihrem aktuellen Job ist Nina alles andere als zufrieden. Das Betriebsklima sei schlecht, erzählt sie. Die meisten Kolleg*innen hätten bereits gekündigt. Innerhalb eines Jahres wurden zwei Drittel der Belegschaft komplett ausgetauscht. Es gibt keinerlei Anerkennung, weder monetär noch zwischenmenschlich. Besonders der cholerische Chef macht es Nina und ihren Kolleg*innen schwer. Warum sie dennoch nach der Elternzeit wieder in ihre alte Position zurück ist? „Es schien mir wie ein sicherer Wiedereinstieg in die Arbeitswelt“, so Nina. „Ich wollte erst mal wieder reinkommen ins Arbeiten, dann weiterschauen.“
Ihr Gehalt stuft Nina als „ganz okay” ein. Es reiche zwar für einen guten Lebensstil, hätte bei ihrer Arbeitserfahrung aber auch höher ausfallen können, so Nina. „Mein Gehalt ist im Grunde aber selbstverschuldet. Ich habe damals einfach nicht gut verhandelt beziehungsweise bei der Gehaltsangabe viel zu niedrig angesetzt, weil ich Angst hatte, meinen zukünftigen Arbeitgeber bei der Bewerbung zu verschrecken mit meinen Vorstellungen.“ Nicht mal Benefits hat sie damals ausgehandelt:
„keinen Bonus, kein Urlaubsgeld, keine Gehaltserhöhung.“ -
Dennoch, finanziell geht es Nina und ihrer Familie gut. Zu viert leben sie in einer hellen 110-Quadratmeter-Wohnung in einem Hamburger Szene-Stadtteil. Die Wohnung ist groß, die Lage zentral und die Hausgemeinschaft nett. „Hier ist alles, was wir brauchen“, so Nina. Viele ihrer Freund*innen kaufen und bauen sich gerade Häuser. Für sie und ihren Mann sei das aber nichts, erklärt Nina. Der Respekt vor dem Bauprozess, den Kosten und der Verantwortung für ein eigenes Haus sei schlicht zu groß.
Nina und Mats zahlen ihr Gehalt jeden Monat, abzüglich eines festen Betrags, auf ein gemeinsames Konto ein. So bleiben ihnen jeweils 350 Euro für „den eigenen Luxus“, wie es Nina nennt. Also Kleidung, Kosmetik oder alleiniges Ausgehen mit Freund*innen. Außerdem investiert Mats für sie beide jeden Monat 500 Euro in Aktien. „Ich wünschte, ich würde mich mehr für das Thema Anlagen interessieren. Aber irgendwie bekomme ich keinen Zugang dazu“, erzählt Nina. Dabei beschäftigt sie sich gedanklich schon damit. „Das Thema Female Invest ist auf Social Media ja omnipräsent. Und ich weiß auch, dass ich mich mehr dahinterklemmen müsste“, sagt Nina. „Manchmal fühlt es sich so an, als hätte man als Frau quasi schon verloren, wenn man mit 30 nicht schon ein riesiges Portfolio hat.“
Aber wo anfangen? Kann man schon kleine Beträge investieren? Lohnt sich das überhaupt? Nina ist sich unsicher. Einerseits möchte sie gern investieren, andererseits auch nicht ihren Notgroschen dafür hergeben. „Diese Summe auf meinem Tagesgeldkonto beruhigt mich, gibt mir Sicherheit, dass ich finanziell nicht abhängig bin. Wirklich risikobereit bin ich nicht.“ Gleichzeitig würde sie ihr Geld natürlich gern vermehren. „Kann ich denn schon Kleinstbeträge investieren? Bringt das überhaupt etwas?“, fragt sich Nina.
Für die Zukunft wünscht Nina sich, dass sie, sobald ihre Kinder alt genug sind, wieder mehr arbeiten, dementsprechend auch mehr verdienen und zurücklegen kann. Aktuell aber liegt Ninas Fokus auf der Familie, nicht darauf, Geld zu verdienen. Die Zeit mit ihren Kindern ist ihr heilig.
Das sagt die Expertin zu Ninas finanzieller Lage:
Karolina Decker ist Gründerin und CEO von
FinMarie, einer Online-Finanzplattform und mobilen App, die eine Kombination aus Finanzbildung, Vermögensverwaltung, Community und Finanzcoaching ist. Zuvor war Karolina Decker über zehn Jahre bei verschiedenen internationalen Großbanken tätig. Heute setzt sie sich vorrangig für die finanzielle Aufklärung von Frauen und Kindern ein.
„Direkt aufgefallen ist mir, dass ihr, Mats und Nina, zwar ein recht hohes Familieneinkommen habt, gleichzeitig aber verhältnismäßig wenig Geld zur Seite legt.
„Die goldene Regel des Budgetierens lautet nämlich: ‚50-30-20‘.“ -
Das heißt, wir rechnen 50 Prozent des Nettoeinkommens für Fixkosten wie Miete, Lebensmittel, Auto oder Versicherung ein. 30 Prozent des Einkommens gehen in den Freizeittopf, damit werden Dinge wie Sportverein, Streamingdienste, Urlaube oder Kosmetik bezahlt. Und die verbleibenden 20 Prozent sollten investiert werden. In eurem Fall wären das dann rund 1.100 Euro, die ihr jeden Monat anlegen solltet. Quasi das Doppelte von dem, was ihr aktuell in Aktien investiert.
Ihr solltet also genau schauen, wie ihr eure Fixkosten minimieren und eure Sparsumme erhöhen könnt. Das angesparte Geld soll schließlich für eure Altersvorsorge und den Vermögensaufbau reichen. Leichter gesagt als getan. Das weiß ich, weil ich selbst dreifache Mutter bin. Die ‚50-30-20‘-Regel ist für viele Familien heutzutage schwer umsetzbar, schließlich entfallen zum Beispiel in einigen Großstädten bereits 50 Prozent des Einkommens allein auf die Miete. Deshalb: Legt ruhig erst einmal 700 bis 800 Euro pro Monat an und erhöht euer Investment dann step by step auf 1.000 Euro. Da solltet ihr nämlich unbedingt aktiv werden.
Außerdem rate ich dir auch, Nina, von deinen restlichen 350 Euro, die dir im Monat bleiben, einen Teil anzulegen. Nur für dich!
Aber lohnt es sich überhaupt, Kleinstbeträge zu investieren? Absolut! Jeder Euro macht den Unterschied. Idealerweise investierst du dein Geld über einen Sparplan in ETFs, also börsengehandelte Wertpapiere. ETFs sind kostengünstig, können schon mit kleinsten Summen gestartet werden und sind gleichzeitig sehr flexibel. Wenn du also einen Monat mal etwas mehr oder weniger Geld zurücklegen willst, dann kannst du das einfach anpassen. Wichtig ist immer, dass die Geldanlage mit ETFs zu deinen individuellen Zielen passt.
„Gerade jetzt in Krisenzeiten machen solche Sparpläne großen Sinn, weil die Aktien aktuell verhältnismäßig günstig sind.“ -
Zukünftig werden sich die Märkte aber wieder nach oben entwickeln. In ein paar Jahren würdest du dann ganz klar davon profitieren.
Wovon ich dir aber abraten würde, sind Einzelaktien, also Anteile einzelner Firmen. Erstens sollte man sich dafür sehr gut mit der Materie auskennen und zweitens sind Einzelaktien momentan sehr risikoreich.
Es gibt mittlerweile tausend verschiedene ETFs, mit ganz unterschiedlichen Fokussen – auch Nachhaltigkeit. Dafür brauchst du aber zuallererst ein Wertpapierdepot. Das bekommst du zum Beispiel bei deiner Bank, Online-Brokern oder Trading-Plattformen. Die Erstellung geht meist sehr schnell. Sobald du das hast, kannst du in deinem Gehalts- oder Referenzkonto einen Dauerauftrag einrichten und so jeden Monat einen festen Betrag auf deinen Sparplan einzahlen.
Noch zur Rente: Deine Rentenlücke wird leider immer größer werden, je länger du in Teilzeit arbeitest. Hier kommt unter anderem die Mütterrente ins Spiel. Sie soll die Alterssicherung von Müttern und Vätern verbessern, indem sie Erziehungszeiten bei der Rentenberechnung berücksichtigt. Damit dir die Erziehungszeit angerechnet werden kann, musst du bei deiner Rentenversicherung einen formlosen Antrag stellen. Dort wird dann hinterlegt, wie lange du für deine Familie auf Teile deines Einkommens und damit auf Rentenanwartschaften verzichtet hast. So kannst du, da deine Kinder nach 1992 geboren sind, bis zu drei Jahre Erziehungszeit in deiner Rente angerechnet bekommen. Das sind bis zu 96 Euro pro Kind pro Monat mehr Rente. Nicht viel, aber besser als nichts!
„Es ist unheimlich wichtig, dass ihr beide jeweils vernünftige Notgroschen habt.“ -
Du schreibst, du hättest Geld auf einem Tagesgeldkonto hinterlegt. Das ist schon mal ein guter Anfang. Beim Thema Notgroschen rechnen wir übrigens immer mit mindestens drei Nettomonatsgehältern pro Person. In deinem Fall wären das also 4.800 Euro, die du für Notfälle stets auf der hohen Kante haben solltest.
Klingt erst einmal viel, ist aber machbar. Erst recht, wenn du dich jetzt mit dem Thema Anlagen aktiv auseinandersetzt. Ich weiß, der Anfang scheint hier schwer. Aber hast du erst einmal angefangen, dein Geld für dich arbeiten zu lassen, bin ich mir sicher, dass es dir sogar ganz viel Spaß machen kann. Zu sehen, wie das eigene Geld sich vermehrt, ist ein tolles Gefühl, das dir ganz viel Sicherheit geben kann. Ich glaub an dich.“