Job & Finanzen
Die trauen sich:
Diese beiden Frauen revolutionieren die Brautmodebranche – mehr Diversität, alle Größen, endlich nachhaltig!
von Lesley-Ann Jahn - 24.10.2019
Die Frau soll warten, bis sie den Antrag bekommt, es soll der schönste Tag des Lebens werden, einmal Prinzessin sein – bei kaum einem anderen Thema wie der Hochzeit werden wir oft noch mit total veralteten Rollenbildern konfrontiert.
Genau das merkten auch die Freundinnen Anna Beyer und Wenka Kasper bei der Hochzeitskleidsuche für eine Freundin. Während die Modebranche langsam mehr Diversität einziehen lässt, kommt Brautmode immer noch sehr traditionell daher. Geschäfte, in denen Frauen entgegen altmodischer Schönheitsideale und Hochzeitskitsch Kleider abseits des Mainstreams bekommen, gibt es kaum. Warum nicht also selbst einen Laden eröffnen, der genau das angeht?
Ihre Idee verfolgten die beiden weiter – Wenka war damals Produktionsassistentin in einer Filmproduktionsfirma und Anna im Personalbereich in einem Start-Up tätig. Sie recherchierten, schrieben einen Businessplan und wagten schließlich vor einem Jahr den Sprung in die Selbstständigkeit. Unter dem Motto Brides Breaking the rules eröffneten sie in Hamburg ihren Concept Store anwe bridal – und machen hier vieles anders als klassische Brautläden:

Den eigenen Look finden.

Egal ob in Zeitschriften oder bei Pinterest – die Überzahl der Brautmodels repräsentiert immer noch schlanke Frauen mit glänzender Mähne und durchtrainierten Oberarmen, eingewickelt in Massen an Tüll und Glitzer. Diversität? Frauen jenseits von Größe 38, große Busen, kleine Busen, jüngere, ältere, homosexuelle, helle und dunkle Hautfarbe – meistens leider noch Fehlanzeige.
Anna und Wenka haben genau deshalb für anwe bridal ihr Lookbook so divers fotografiert und auch ihr Instagram Account zeigt: Es gibt mehr als nur Klischees. Es gibt viele verschiedene Menschen und Stile, Wünsche und Träume und man sollte sich in nichts zwängen, was einem nicht wirklich zusagt. Es braucht dafür nur ein größeres Forum, damit noch mehr Frauen darauf aufmerksam werden und sich trauen, eigene und neue Wege zu gehen.

Die wahre Größe finden.

"Also bis zur Hochzeit muss ich mindestens noch 5 Kilo abnehmen..." Sätze wie diesen hört man, traurig aber wahr, noch oft von Bräuten. Auch Anna und Wenka fällt bei den Anproben immer wieder auf, welchen Schönheitsdruck sich viele machen. Es vergeht fast kein Termin, ohne das vermeintliche Problemzonen thematisiert werden und aufgezählt wird, was man noch alles an sich verändern will. Die Frage ist, warum wir Frauen uns immer noch so einen Druck machen lassen und von wem eigentlich genau.
Die Gründerinnen setzten bei ihrer Auswahl auf Size Inclusivity. Im Store gibt es Anprobemodelle in den Größen 36 bis 46 und es werden auch Marken ausgesucht, die in allen Größen produzieren. Da viele Designer aber immer noch keine größeren Größen anbieten, führt anwe bridal auch "Curve Collections". Im November wird im Laden zudem eine Trunk Show mit Brautkleidern gehostet, die es bis Größe 60 geben wird.

Auf Nachhaltigkeit setzen.

Die Modeindustrie spielt eine große Rolle in der Klimakatastrophe. Nachhaltigkeit und Slow Fashion sind für Anna und Wenka deshalb auch in der Brautmode besonders wichtig. Die beiden achten darauf, wie und wo die Kleider, die sie anbieten, hergestellt werden: Alle Kleider sind handgefertigt und werden nur auf Bestellung in den Ateliers der Designer gemacht. Zwei der Marken, die sie anbieten, verwenden sogar Stoffreste aus der Produktion von High-End-Marken und recycelte Materialien. Auch wird bei den Designs darauf geachtet, dass die Kleider später einzufärben oder änderbar sind, damit sie auch nach der Hochzeit weiterhin getragen werden können.
Der nachhaltige Plan bei anwe bridal für die Zukunft: Getragene Brautkleider, die dem Stil des Concept Stores entsprechen, ankaufen und Second Hand verkaufen. So passen die Kleider dann auch für kleinere Budgets.

Zur Lieblingsmusik entspannen.

Oft gibt es in Brautläden große Gemeinschaftsumkleiden für alle Bräute. Das kann lustig sein oder für schüchterne Menschen die Hölle. Bei anwe bridal kann man vorab einen Termin ausmachen und hat den Store dann für sich alleine. Ganz entspannt und in Ruhe dürfen alle Kleider angefasst und so viel anprobiert werden, wie man möchte. Und das Beste: Vorab können in der Buchung Musikwünsche angeben werden, sodass man sich bei der Anprobe zu seinen Lieblingssongs richtig wohlfühlen kann.
Und dann werden sie ausprobiert, die vielen verschiedenen Stilrichtungen, die schlichten, sehr modernen Schnitte mit Statement-Ärmeln und offenen Nähten oder mit romantischer, französische Spitze sowie moderne Boho-Looks mit aufwendigen Stickereien. Aber auch Jumpsuits, Pullis, Blusen und Röcke gibt es im Sortiment. Und die Hauptsache: Alles muss bequem sein und zur Braut passen.
Es ist eine kleine, feine, behutsame Revolution, die hoffentlich viel erreichen wird.

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