Finanzen & Sparen
Investier in deine Zukunft
Welche Aktien sie gerade beobachtet und bald kauft, verrät Christiane von Hardenberg.
von Christiane von Hardenberg - 01.05.2021
Die Audiodatei findet ihr am Ende des Textes.
        
Ende März ist mein erstes Buch erschienen, es geht um Aktien und Finanzmärkte. Und prompt kletterte einige Tage später der Deutsche Aktienindex Dax auf ein neues Rekordhoch von 15.000 Punkten. Das hatte mit dem Buch natürlich nichts zu tun. Einige Freundinnen nahmen die Ereignisse aber zum Anlass, mich seit Längerem mal wieder anzurufen. „Der Dax, 15.000 Punkte!“, hauchte eine Freundin ehrfurchtsvoll in mein Telefon, als ob sie eine geheime Botschaft überbringen würde. „Soll ich noch einsteigen?“, fragte sie. Andere fragten wiederum, ob ich einen Aktientipp hätte.
Einen Tipp? Wenn das so einfach wäre. Ob und welche Aktien ich kaufe, hängt von vielem ab: wie viel Geld ich in den nächsten fünf Jahren übrig habe; ob ich nachts noch gut schlafen kann, wenn die Kurse runtergehen, oder ich dann ängstlich an die Decke starre; wie viel Zeit ich in mein Depot investieren will und kann; und nicht zuletzt von meiner Erfahrung und meinen Fähigkeiten. Denn während ich meinem Mann guten Gewissens eine Aktie eines koreanischen Internethändlers ins Depot legen würde, würde ich meiner Patentante – weit über 70 Jahre, einige kennen sie vielleicht aus meinem Buch – lieber eine Telekom-Aktie kaufen.
Viele meiner Freundinnen bringen weder wahnsinnig viel Kapital noch gute Nerven mit. Meist beruhen ihre Finanzkenntnisse auf dem Abschluss ihres Rentenvertrags. Ihnen würde ich raten, 75 Prozent in einen ETF auf den MSCI World und 25 Prozent in einen MSCI-Emerging-Markets-ETF zu investieren – Aufwand, Risiko und Rendite stehen in einem guten Verhältnis. Wer aber Lust, Zeit und Mut hat, kann mit einem kleinen Betrag in einzelne Aktien investieren, um erste Erfahrungen zu sammeln. Ich kann meinen Freundinnen keine Tipps geben, aber ich erzähle gerne, was ich gerade mache.

„An oberster Stelle auf meinem Einkaufszettel steht zurzeit der chinesische Internetgigant Alibaba.“ -

Die Aktie hat seit ihrem Höchststand im Oktober gut 30 Prozent nachgegeben. Grund dafür sind Spannungen zwischen Firmengründer Jack Ma und der kommunistischen Partei in China. Offenbar hat Ma die Regierung in Peking mit einer Rede verärgert, kurz darauf ließ das Regime den Börsengang der Tochterfirma Ant Financial platzen und drohte Alibaba überdies mit einer Kartellstrafe. Als Ma dann für einige Wochen nicht in der Öffentlichkeit auftauchte, kochte die Gerüchteküche hoch. Ma, der in China Popstar-Status hat, sei in Ungnade gefallen, hieß es, womöglich säße er hinter Gittern. Die „Financial Times“ ging sogar so weit, die Flugdaten von Mas Privatjet auf ihrer Website auszuwerten. Mit dem Ergebnis, dass Ma noch munter durch China fliegt, sich nur seltener blicken lässt. Die Geschichte hat auf jeden Fall das Zeug zum Krimi.
Mittlerweile ist bekannt, wie hoch die Kartellstrafe sein wird, 2,8 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Die EU verdonnerte Google zu 5 Milliarden Dollar. Es hätte durchaus schlimmer für Alibaba kommen können, die langfristigen Geschäftsaussichten werden dadurch nicht beeinträchtigt. Dass Peking Ant Financial stärker reglementieren will, vor allem vor einem Börsengang, ist nur sinnvoll, schließlich verleiht Ant Kredite, wickelt Bezahlungen ab, ist eigentlich eine Bank und nicht nur ein Internetunternehmen. Denn was passiert, wenn Banken nicht ausreichend kontrolliert werden, hat die Finanzkrise 2008 gezeigt.
In den über 15 Jahren, in denen ich nun die chinesische Volkswirtschaft und Börse beobachte, habe ich zwei Dinge gelernt: Die chinesische Regierung will das Heft in der Hand behalten. Ebenso will sie aber wirtschaftlichen Wohlstand für ihre Bevölkerung. Alibaba ist Chinas wertvollstes Unternehmen, Millionen Chinesen halten Alibaba-Aktien – diese will die Regierung in Peking sicherlich nicht verprellen. Nach dem heftigen Kursrückgang der vergangenen Monate werde ich Alibaba kaufen. Allerdings werde ich etwas Geduld mitbringen müssen.

„Eine zweite Aktie, die ich im Moment auf jeden Fall nachkaufen würde, ist Microsoft. Das klingt jetzt maximal langweilig und solide.“ -

So wie der Schwiegersohn, den sich meine Mutter immer für mich gewünscht hat (und den ich, Gott sei Dank, nicht geheiratet habe). Aber genau deswegen sollte man genauer hinsehen: Nach den streitbaren CEOs Bill Gates und Steve Ballmer ist es unter dem gebürtigen Inder Satya Nadella eher ruhig geworden. Still hat Nadella die Firma in die Zukunft geführt. Microsoft Teams ist vielen seit der Pandemie ein Begriff. Neben Amazon Web Services (AWS) ist Microsoft zwar nur der zweitgrößte Cloudanbieter, wächst aber deutlich schneller. In den vergangenen Wochen ging Nadella auf Einkaufstour und hat mit Discord, einer Gamer-App, seine Position im lukrativen Spielemarkt gefestigt. Mit dem Kauf der Spracherkennungsapp Nuance will CEO Nadella offenbar den digitalen Gesundheitssektor erobern, eine der vielversprechendsten Zukunftsbranchen.
In den vergangenen Jahren haben sich der Google-Nachfolger Alphabet, Apple, Amazon und Microsoft den Titel des wertvollsten Unternehmens gegenseitig streitig gemacht. Ich denke, jetzt ist Microsoft wieder am Zug. Wenn wir schon bei den großen Techfirmen sind, darf Amazon nicht fehlen. Das muss natürlich jeder mit sich und seinem Gewissen ausmachen. Ich muss gestehen, obwohl ich mich bemühe, möglichst bei kleineren Anbietern zu bestellen, bin ich dem Onlinehändler aus Seattle in Pandemiezeiten mit vier Kindern hoffnungslos ausgeliefert, ganz zu schweigen von Amazon Prime Video. Aber das nur am Rande.
Der eigentliche Grund, jetzt Amazon zu kaufen, ist ein ganz anderer: Die US-Demokraten haben es sich auf die Fahne geschrieben, „Big Tech“, also Amazon, Alphabet, Apple und Facebook, zu zerschlagen. Was bedrohlich klingt, ist eine Chance. Amazon wird unter seinem neuen Chef Andy Jassy den Konzern vermutlich zweiteilen, in das Onlinegeschäft Amazon sowie in die Cloud-Sparte AWS. Mit Letzterer verdient Amazon übrigens heute schon mehr Geld als mit seinem Onlinehandel. Da die Summe dieser beiden Unternehmen mehr wert ist als Amazon heute, sollte der Kurs in den nächsten ein, zwei Jahren steigen.
Ob man nun bei Amazon bestellt oder nicht, irgendwie müssen die Päckchen ja ins Haus kommen, was mich zur Deutschen Post bringt. Diese Aktie habe ich schon seit über zehn Jahren im Depot, leider muss ich sie zwischendurch immer wieder abstoßen, etwa um neue Dachziegel für unser Häuschen auf dem Land zu kaufen. Das schmerzt jedes Mal sehr. Vor meinem inneren Auge sehe ich dann, wie auf dem Scheunendach Deutsche-Post-Aktien liegen, was es nicht besser macht. Wenn wieder etwas Geld in der Kasse ist, kaufe ich sie aufs Neue. Zuletzt zu Beginn der Coronakrise. Seitdem ist die Aktie sehr stark gestiegen, trotzdem würde ich bei einem Rücksetzer wieder aufstocken.

„Persönlich möchte ich nach Pandemieende ein Jahr nicht mehr online shoppen, sondern durch Läden bummeln. Den globalen Transport wird dies aber wenig tangieren.“ -

Weswegen ich weiter auf die Deutsche Post setze. Nicht zuletzt weil DHL auch in den kommenden Jahren weltweit Impfstoffe verschicken wird. Schließlich spricht die Dividende, also die jährliche Gewinnausschüttung an die Aktionär*innen, für diese Aktie.
Apropos Impfstoff, der Hersteller Biontech steht ebenfalls auf meiner Einkaufsliste. Ich habe bisher nicht in Biotechnologie investiert, weil ich davon wirklich nichts verstehe und mir dafür das Risiko zu hoch war. Nun ist Biontech kein risikoreiches Start-up mehr, sondern ein etabliertes Unternehmen. Wir werden in den nächsten Jahren immer wieder neue Impfstoffe brauchen, mit seiner Technologie kann Biontech auch andere wertvolle Medikamente, etwa im Kampf gegen Krebs, herstellen. Daher kommt die Aktie bei nächster Gelegenheit in mein Depot.
Nach all diesen eher trockenen Geschäftsmodellen jetzt noch zwei Lifestyle-Aktien. Zunächst die des weltgrößten Luxusartikelherstellers LVMH. Persönlich würde ich lieber in eine Vintage-Tasche als in eine LVMH-Aktie investieren, nicht zuletzt wegen des Lebensgefühls. Ich mag diese abgewetzten Taschen sehr. Aber glücklicherweise mögen Asiaten, allen voran Chinesen, neue Taschen noch viel lieber. Und so verbucht LVMH einen Rekordgewinn nach dem nächsten. Der Kurs ist sehr stark gestiegen. Man kann auf einen Rücksetzer hoffen oder darauf wetten, dass nach Ende der Pandemie die Menschen es krachen lassen und noch mehr Taschen kaufen werden. Ich für meinen Teil werde, sobald es wieder möglich ist, auf Flohmärkten nach einer Vintage-Tasche Ausschau halten.
Zu guter Letzt: Sonos, der Lautsprecherhersteller aus den USA. Ich muss gestehen, es handelt sich hier um ein persönliches Fiasko. Seit einigen Jahren schon schallt morgens die Musik aus unserer Sonos-Box in der Küche. Alle sind happy, soweit die Familie ausgeschlafen ist. Als im vergangenen Frühjahr der erste Lockdown kam, haben wir schnell nachgerüstet, erst im Wohnzimmer, dann in unserem Landhäuschen. Schließlich waren Musikhören und Tanzen einige der wenigen Freuden, die blieben.
Sicherlich geht es anderen ähnlich, dachte ich mir und nahm mir vor, bei nächster Gelegenheit die Sonos-Aktie zu kaufen. Schlappe 10 Euro kostete das Papier damals. Abends rollte ich die Yogamatte aus, verband mein Handy mit der Sonos-Box und es geschah: nichts! Keine Musik, nichts. Ich probierte alles Mögliche aus, die Box blieb stumm. Schließlich machte ich zu scheppernder Musik aus meinem Handy Yoga. Offenbar doch nicht so eine tolle Sache, diese Boxen, dachte ich. Ich kaufte die Aktien nicht, fluchte allabendlich im Krieger stehend vor mich hin, während die Musik weiter aus meinem Handy dröhnte. Unterdessen stieg der Kurs weiter und weiter. Ich verstand die Welt nicht.
Eines Abends schlenderte mein Sohn daher: „Hast du eigentlich schon mal geguckt, ob der Lautsprecher an einer schaltbaren Steckdose angeschlossen ist?“, fragte er. Diese verdammten schaltbaren Steckdosen! Daran hatte ich nicht gedacht: Überall hatte mein Mann sie bei uns in der Wohnung versteckt, da sie angeblich so praktisch seien. Leider weiß heute nur niemand mehr, welcher Schalter zu welcher Dose gehört, und so kommt aus einigen Dosen kein Strom. Tatsächlich hing meine Box an einem dieser unsäglichen Dinger.
Mittlerweile kostet die Sonos-Aktie weit über 30 Euro. Autsch. Ich werde die Aktie jetzt kaufen. Sie hat sicherlich nicht mehr das Potenzial, sich zu verdreifachen wie in den vergangenen drei Monaten. Tatsächlich aber, so entnahm ich den letzten Berichten, verhalten sich viele Menschen so wie wir: Sie kaufen erst eine Box, dann die nächste usw. Demnächst will Sonos neue, tragbare Boxen herausbringen, die werden sicherlich auch gerne gekauft, was den Kurs weiter beflügeln sollte.
Neuerdings stehe ich allabendlich auf der Yogamatte, höre laut Musik, atme bei dem Gedanken an den entgangenen Gewinn tief durch und lasse die verpasste Chance spätestens beim Sonnengruß hinter mir.
Wer jetzt Lust bekommen hat auf noch weitere Tipps zum Thema Vermögensaufbau und finanzielle Unabhängigkeit: Ich habe mit Christiane von Hardenberg hier ein Podcastgespräch geführt, in dem sie Schritt für Schritt erklärt, wie sie ihr Vermögen aufgebaut hat und wie man es ihr nachtun kann. Sehr zu empfehlen ist auch ihr Buch „Selbst investiert die Frau“ und hier könnt ihr Christiane auf Instagram folgen. Dort hat sie sich gerade erst angemeldet und baut sich Stück für Stück eine Followerschaft auf, genau wie erst vor ein paar Jahren ihr eigenes Vermögen. 
      
Die Audiodatei gibt es hier zum Download.

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