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2022 war ein gutes Jahr für mich. Ein ausgezeichnetes sogar. Ich habe ein
neues Buch veröffentlicht, durfte tolle Kooperationen und Artikel umsetzen, wunderschöne Reisen machen und habe so viel Geld wie noch nie verdient.
Alles lief super. Es gab nur ein Problem: Ich fühlte es nicht. Es war aber nicht das
Impostor-Phänomen, das mich beschäftigte. Trotz all meiner erreichten Ziele und super Feedbacks fiel ich Anfang des neuen Jahres kopfüber in ein Loch.
Es fing damit an, dass der Lebensgefährte meiner Mutter unerwartet schnell verstarb und ich daraufhin alle für das Frühjahr geplanten Lesungen absagte. Nicht nur aus Pietät, sondern auch weil ich mich überfordert fühlte. So als würde mir dieser Erfolg nicht mehr zustehen, weil er nun tot ist. Die Vorstellung, einen Satz dieser Geschichte öffentlich vorlesen zu müssen, raubte mir die Luft.
Auch viele andere Projekte wirkten auf mich bedrohlich, statt mich zu motivieren. Dass mein Lieblingskalender nicht weiter produziert wurde, deutete ich als schlechtes Omen. Ich saß vor einem Tischkalender (Werbegeschenk) und war unfähig, etwas einzutragen. Ziele? Visionen? Ich hatte keinen Schimmer. Mein Kopf war leer, mein Herz taub.
Ich hangelte mich von Montag zu Freitag und war heilfroh, wenn endlich wieder Wochenende war und ich mir keine Gedanken um meine Zukunft machen musste. Nach ein paar zähen Wochen wusste ich, dass ich Hilfe brauchte, denn alleine in meinem stillen Kämmerlein kam ich nicht aus der Knete.
In diesem Moment erinnerte ich mich an eine Frau aus München, die ich im vergangenen Sommer bei einem Retreat kennengelernt und die meine Komplexe bei einer lockeren Übung innerhalb von fünf Minuten liebevoll entlarvt hatte. Damals sollte ich mich ihr vorstellen und meine Stärken nennen. Die Frau war Coachin, spiegelte mich und macht mir klar, dass ich mich die ganze Zeit selbst infrage stellte, statt zu erzählen, was ich gut kann. Ich war so was von baff über meine eigene Unsicherheit.
Wenn mir also jemand sagen konnte, warum ich meinen Erfolg nicht fühlte, dann vielleicht sie. Denn Sara Rapsch hat sich das Motto beruflich „Erfolgreich UND glücklich“ auf die Fahnen geschrieben. Und, das sprach mich so an: Sie nennt sich nicht nur Coachin und Mentorin, sondern auch „Mutmacherin“. So jemanden brauchte ich. Denn obgleich ich so erfolgreich wie nie war, war ich auch hasenherziger als je zuvor geworden. Die Fragen, die ich mir in meinen schlaflosen Nächten stellte: Kann ich an meine Leistungen anknüpfen oder war es das jetzt?
„Habe ich all mein Pulver verschossen oder schlummert in mir ein Potenzial, von dem ich noch nichts weiß?“ -
Ihre Skills gewann Sara Rapsch als Führungskraft bei einem großen amerikanischen Konzern, wo das Hegen und Pflegen von Talenten und ihren individuellen Stärken zur Firmenpolitik zählte. Man denke an einen Pinguin, der an Land unbeholfen wirkt, im Wasser aber wie ein Torpedo schwimmt: Sara sorgte dafür, dass die Angestellten dieser Firma in ihrem Element waren und so ihr Potenzial ausleben konnten. Nach einem Sabbatical kam die heute 36-Jährige zu dem Schluss, dass das Thema Personalentwicklung sie nicht loslässt. Sie machte eine Ausbildung als Coachin, um Menschen dabei zu helfen, persönlich und beruflich den Weg zu gehen, der für sie stimmig ist. Man könnte auch sagen: ihr Element zu finden.

Ihre Klient*innen (Insider sagen: „Coachees“) kommen meist über Empfehlungen zu ihr und sind oft sogenannte Scanner-Persönlichkeiten: vielseitig interessierte und vielseitig talentierte Menschen in einer Findungsphase, weil ihnen der rote Faden in ihrem Leben fehlt. Die Menschen, die sich an Sara wenden, wollen oft gar nicht höher, schneller oder weiter. Sie fragen vielmehr nach dem „Wie?“.
Ich schilderte Sara mein Anliegen und versuchte ihr meine Gefühlswelt zu beschreiben. Auch ich empfand meine Vita nicht als stimmig, weil ich oft den Job gewechselt und immer wieder neue Projekte angefangen hatte: meine Bücher, mein Schmucklabel vonhey, mein eigener Laden in Berlin-Mitte, einen Blog, meinen Instagram-Kanal zu unserer Hausrenovierung, meinen eigenen Kanal und die Tätigkeit als Autorin für diverse Magazine. Abgesehen von den wagen Plänen für ein Bed & Breakfast in Brandenburg und einer Fahrschule für Frauen.
Ich war ratlos, was davon ich in Zukunft am meisten sein möchte. Saras erster Rat an mich: dass ich mich selbst ernst nehme und auf meine innere Stimme höre.
„„Du darfst dich schlecht fühlen, auch wenn es dir von außen betrachtet gut geht.““ -
„Denn wenn etwas unstimmig ist im Inneren, dann fühlst du das einfach“, sagte sie.
Boah, das tat gut. Ich merkte, wie erleichtert ich war, einen neutralen und professionellen Austausch zu haben und reden zu können, ohne dass mir mein Gegenüber jeden meiner Sätze um die Ohren haut. So nach dem Motto: „Du jammerst auf hohem Niveau“, „Sei lieber dankbar für das, was du hast“ oder „Mimimimi“. So konnte ich mich öffnen und gestand Sara, dass ich enttäuscht war, es mit dem dritten Buch noch nicht auf eine gewisse Bestsellerliste geschafft zu haben. Insgeheim hatte ich auch darauf gehofft, dass Matthias Schweighöfer oder Karoline Herfurth die Geschichte verfilmen wollen. Ja, ich weiß. Das klingt irrwitzig, aber wenn man ein Buch schreibt, dann hofft man immer, dass es ein großer Wurf wird.
Und dann sagte Sara einen Satz, der mich bis heute beschäftigt:
„„Wem willst du etwas beweisen?““ -
Ehrlich, diese Frage schnürte mir die Kehle zu, weil sie ins Schwarze traf. In meinem Buch erzähle ich, wie ich als junge Frau versuchte habe in den Medien Fuß zu fassen, mich verheizen ließ und dafür nicht nur meine mentale Gesundheit, sondern auch meine Familienplanung aus den Augen verlor. Bis heute aber wünsche ich mir insgeheim die Anerkennung genau dieser Industrie, die mich fertig gemacht hat. Was absurd ist, weil ich der Branche längst entwachsen bin. Dachte ich.

„Halt im Äußeren zu finden, ist utopisch“, sagte Sara zu mir. „Es muss von innen kommen.“ Ihren Coachees will sie deshalb vermitteln, dass die Arbeit ins Leben, das man haben möchte, passen soll. Und nicht andersherum. „Ganzheitliches Life Design“ nennt sie das. Ein guter Ansatz ist es, sich zunächst zu fragen: Wie will ich mein Leben eigentlich leben? Denn oft wissen wir gar nicht, was wir wirklich wollen. So wie ich gerade. Dabei sang doch schon Pippi Langstrumpf: „Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt.“ Wenn ich es frei gestalten könnte, wie würde ich mein Leben leben wollen? Und vor allem: Wie kann die Arbeit ein Bestandteil dieses Lebens sein – und nicht das Gegenteil?
Das war der Knackpunkt. Die Arbeit nahm so viel Raum in meinem Leben ein, dass vieles andere zu kurz kam. Sara schickte mir ein Workbook für einen Rückblick der vergangenen zwölf Monate, sowohl aus der privaten als auch professionellen Sicht. Eine Übung namens „Lebensrad“ zeigte, dass ich viel Zeit in Familie, Beruf und Karriere investierte. Aber wenig in Freund*innen, Hobbys, Kreativität oder persönliche Entwicklung. Fühlte sich deshalb alles so dumpf an?
In einer Statista-Umfrage „Was glauben Sie, was macht einen Menschen glücklich?“ steht auf Platz 1 Gesundheit, dann folgen Partnerschaft, Familie, Menschen, eine Aufgabe und Kinder. Erst auf Platz 7 und 8 kommen Beruf und Erfolg. Für mich standen diese beiden Punkte aber immer viel weiter oben. „Dein Leistungsanspruch hat dich weit gebracht“, stellte meine Coachin fest. Wie viele von uns habe ich von klein auf gelernt: Wer viel arbeitet, ist erfolgreich. So habe ich es auch gemacht: gearbeitet, bis sich Erfolg einstellte. Über Nacht funktionierte das aber nie. Es ging nur, weil ich mir den Hintern aufriss.
„„Die Frage ist nun, welchen Preis hast du für deinen Erfolg gezahlt?“,“ -
fragte Sara. Ich erkannte, dass ich trotz meiner inzwischen täglichen Yogaroutine immer noch zu wenig für mich tue. Denn: Ich bin ja nicht nur mein Rücken. Was tat ich für mein Herz, meine Seele, mein Gehirn oder kreatives Genie? Die Antwort machte mich traurig: echt wenig.
„Wenn wir bestimmte Dinge aus den Augen verlieren, laufen unsere Bedürfnisgläser leer. Manche Gläser müssen erst mal wieder einen Füllstand erreichen, bevor man daraus schütten kann“, erklärte mir Sara. Deshalb konnte ich mich nicht über meinen Erfolg freuen. Weil nicht nur ein Glas, sondern inzwischen ein ganzer Schrank leer war.

Unterstützt wird die These vom mehrteiligen Glück auch von der Wissenschaft: Der Soziologe Professor Jan Delhey von der Universität Magdeburg hat als Quintessenz seiner Studien zum Thema Lebenszufriedenheit eine Glücksformel entwickelt, die etwas Ähnliches besagt. Demnach besteht Glück zu einem Drittel aus Haben, einem Drittel aus Lieben und einem Drittel aus Sein. Wer also im Hinblick auf Existenzsicherung, liebevolle Beziehungen und gesellschaftlichen Zusammenhalt gut aufgestellt ist, empfindet sein Leben erfüllt. Ich habe aber ein Defizit im Bereich Sein. Über fünf Jahre im
Homeoffice im eigenen
Haus auf dem Land haben mich zwar geerdet und lassen mich konzentriert arbeiten. Sie haben mich aber auch einsam gemacht und für mich eine Routine etabliert, die vorrangig aus Arbeit, Kinderbetreuung und Haushalt besteht. Die Glücksformel konnte so für mich gar nicht aufgehen.
Für das neue Jahr denke ich jetzt in Quartalen. Das hat mir den Druck genommen, eine Megavision für das ganze Jahr zu manifestieren. Im ersten Quartal geht es um mein Sein.
„Ich mache viele kleine Schritte, um meine Gläser wieder zu füllen.“ -
Einmal in der Woche arbeite ich in einem Community Space in Berlin mit anderen Freiberufler*innen, damit ich wieder mehr unter Leute komme. Yoga mache ich nicht nur alleine vor dem Rechner, sondern besuche mit anderen Frauen einen Kurs. Meine Schwiegermutter hat mich außerdem gefragt, ob ich mit im Senior*innen-Chor in Wusterwitz singen möchte. Ohne Witz: Ich bin so ausgehungert nach zwischenmenschlichen Kontakten, dass ich mir selbst so etwas großartig vorstelle. Karneval fahre ich in meine Heimatstadt Bonn und feiere das erste Mal seit 25 Jahren wieder mit meinen Schulfreundinnen mit. Im Sommer möchte ich meiner Mutter ihren großen Wunsch erfüllen, einmal nach Wien oder Tel Aviv zu reisen. Ihr merkt: Das sind alles keine beruflichen Meilensteine, sondern private.
Sara Rapsch coacht mich weiterhin und hat mir einen schönen Satz für die Zukunft mitgegeben: „Ein Teil des Weges ist es, sich zu verlieren.“ Also, dann: Ich bin mich jetzt mal selber suchen!